Das Vorhaben, Wilhelm Reichs Buch zu rezensieren, will nicht gelingen. Beim Versuch schleicht sich ein Gefühl des Unbehagens, der Scham (?) ein. Einzugreifen in die Intimsphäre, etwas preiszugeben, zu veröffentlichen, über zutiefst Persönliches zu schreiben erscheint nicht angemessen. So will ich mich auf weniges beschränken. Eher aufmerksam machen als zu re-zensieren, mehr einladen zum Selbstlesen als vorwegzunehmen.
Als vor einigen Jahren am Lusterboden des Wiener Burgtheaters „Rede an den kleinen Mann“ aufgeführt wurde, saß ich neugierig in den vorderen Reihen halbrechts. Die Arbeiten Reichs waren mir zu diesem Zeitpunkt nur sehr unvollständig und oberflächlich bekannt. Zwar befand ich mich gerade in einer Ausbildung zum Körperpsychotherapeuten, aber dort wurden die Arbeiten Reichs mehr erwähnt als erklärt.
Es war 1952 oder 1953. Ich saß mit Reich auf einem Balkon in Orgonon, als er mich mit einer Frage überraschte. „Glaubst du, daß ich irgendetwas getan habe?“ Und er fuhr fort, während er auf die Hügel am Horizont deutete: „Nein, ich habe die Fähigkeit zu wissen, was auf dem Gipfel dieses Hügels dort drüben ist.
Der psychoanalytische Forschungs- und Arbeitsschwerpunkt Wilhelm Reichs bildete die Untersuchung der Triebenergetik auf Grundlage des Libidokonzepts Sigmund Freuds. Da die Begriffe „Genitalität“ und „orgastische Potenz“ von grundlegender Bedeutung für Reichs Werk sind, habe ich in aller Kürze versucht den Weg Wilhelm Reichs dorthin – und nachfolgend zum „genitalen Charakter“ – nachzuzeichnen.
Die Reichsche Körperarbeit hat eine klare Zielsetzung: die Herstellung des vegetativen Ganzheitsempfindens durch die schrittweise Auflösung der Panzerung. Entscheidend für die letztendliche Wiederherstellung der durch die Panzerung zersplitterten „Einheitlichkeit des Körpergefühls“ (Reich) ist die Lösung der Beckenpanzerung, die einhergeht mit der Herausbildung des Orgasmus-Reflexes, welcher schließlich eine gesamtorganismische Entladung akkumulierter pathogener Energiebeträge in der genitalen Umarmung ermöglicht.
Reich hat im Gegensatz zu Freud und vielen Neo-Reichianern der Neurose explizit „Gesundheit“ gegenübergestellt und dies in den Begriff der „Genitalität“ gefaßt. Sie zu erlangen gilt als Ziel jeden Reichianers. Genitalität ist von Reich selbst und seinen Nachfahren – jene die sich wirklich auf Reich beziehen – als ein gänzlich anderer Seins-Zustand beschrieben worden.
In Reich-Kreisen zirkuliert eine Anekdote, die etwa so lautet: Anläßlich einer Orgonomie-Konferenz in Los Angeles stand Reich mit einigen von seinen ehemaligen Schülern, in der Zwischenzeit selbst erfahrene Therapeuten, in einer Gruppe beisammen, wobei über „Genitalität“ gesprochen wurde. Der eine meinte: „Von meinen ehemaligen Patienten würde ich jetzt etwa fünf als genital einstufen“, ein anderer sagte, bei ihm seien es nur drei, worauf Reich geantwortet haben soll: „Gratuliere meine Herrn, ich habe mit keinem aufzuwarten!“
Um es gleich vorauszuschicken: dies ist kein Bericht einer legendären „Heilung“. Es ist ein kurzer Abriß der gemeinsamen Arbeit meines Patienten Jürgen und mir über dreieinhalb Jahre. Während dieser Zeit hat Jürgen viele äußere Umstände in seinem Leben verändert. Er hat Zugang zu seinen Gefühlen bekommen und gelernt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Seine Erkrankungen, wegen derer er zu mir kam, sind weiter vorhanden.
Für die Darstellung der biologischen Wirkung des Orgon-akkumulators (OA) sind einige Grundbemerkungen nötig. Besonders bezüglich der biologischen Wirkungen des Orgonakkumulators existieren Unklarheiten und Brüche in Reichs Theorie. Sie waren auch für die Entwicklung der allgemeinen Fragestellung meiner Diplomarbeit von Bedeutung.
In der letzten BUKUMATULA Ausgabe wurde der Aufbau des Versuchs „Der Orgonakkumulator nach Wilhelm Reich“ geschildert, der in den Jahren 1991 und 1992 durchgeführt wurde. Bisher wurden die Ergebnisse der physiologischen Variablen (Hautleitfähigkeit, Muskelspannung auf der Stirn und an der Schulter, Hand-, Fuß- und Achseltemperatur, Puls) und der physikalischen Variable Kasteninnentemperatur dargestellt
Die Frage, ob und auf welche Weise Psychoanalyse und Körperarbeit kombinierbar sind, beschäftigt mich seit einigen Jahren. Sie wurde für mich erstmals wirklich relevant, als ich mir gestattete, die Grundpositionen und Axiome der Bioenergetischen Analyse, meiner psychotherapeutischen Heimat, zu hinterfragen.