25 Dez
Bukumatula 1/2001
Günter Hebenstreit: :
Es kommt nicht oft vor, daß sich eine Tochter Wilhelm Reichs mit dem WRI in Verbindung setzt. Vor allem die „Andere“. Dr. Lore Reich-Rubin, 72 Jahre alt, die jüngere Tochter Wilhelm Reichs, hatte seit der Zeit, als sie nach dem Machtantritt der Nazis ihr Heimatland verlassen hatte, dieses nicht mehr gesehen.
Mit einer amerikanischen Reisegruppe, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, Prag und Wien zu erkunden, nahmen sich Lore Reich und ihr Mann, Dr. Julius Rubin, ein paar Tage Zeit, um sich alleine unters Volk zu mischen.
Eva Reich nahm im Herbst 2000 Kontakt mit dem WRI auf, mit der Bitte, man möge doch Lore in ihrem Wunsch, wieder ihre alte Heimat-stadt Wien zu besuchen und alte Spuren unter dem Blickwinkel der Gegenwart in ihrem Gedächtnis aufzufrischen, unterstützen. Diesem Wunsch sind wir natürlich gerne nachkommen. So erfolgte ein inten-siver Email- und Telefonkontakt zwischen Alena Skrobal und Lore, um das Treffen vorzubereiten. Dann war es fix: Lore Reich-Rubin und Julius Rubin sollten Ende Oktober nach Wien kommen, und für den 4. November 2000 wurde ein Sightseeing-Tag mit WRI-Mitglie-dern vereinbart.
Um 10 Uhr Vormittag stand ich nun vor dem Hotel gegenüber des Franz Josefs-Bahnhofs. Nach kurzem Warten auf Alena betrat ich die altehrwürdige Empfangshalle des Hotels, und schon von weitem drang der Widerschein des charakteristischen Silber-Weiß mir ins Bewußt-sein. Es gab keinen Zweifel: die Ähnlichkeit zwischen Lore und Eva Reich war unverkennbar. Das machte mich innerlich sicher. Ich schritt an sie heran und stellte mich vor, wobei ich merkte, daß mein Englisch wiederum eines Trainings bedürfte. Zwar konnte Lore noch verhält-nismäßig viel Deutsch verstehen, ihr Mann Julius Rubin war aber auf englische Konversation angewiesen.