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Bukumatula 2/2007

Wilhelm Reich im 21. Jahrhundert

Interview mit Dr. Heiko Lassek über die Orgonomie-Sommer-Tagung
Wolfram Ratz:

Tagung zum Thema „Wilhelm Reich im 21. Jahrhundert“, die vom 29. Juli bis 1. August in Orgonon/USA stattfinden wird. (Information: www.wilhelmreichmuseum.org)

Wolfram Ratz: 50 Jahre nach Reichs Ableben geht es in der diesjährigen Orgonon-Konferenz um die Öffnung des Wilhelm Reich-Archivs, um die Ausstellung im Jüdischen Museum in Wien und um das Filmprojekt „Sparks of Life“ von Kevin Hinchey. Du wirst dort auch als Referent auftreten.- Was kann man sich unter dem Motto „Wilhelm Reich im 21. Jahrhundert“ erwarten?

Heiko Lassek: Ich denke, dass Wilhelm Reich als einer von ganz wenigen großen Theoretikern, aber – und das Entscheidende ist – auch Praktikern für einen Paradigmenwechsel steht. Es wird sich herausstellen, dass die Grundlage seiner Erforschung einer universellen Energie – einer primordialen, das heißt, einer allem Geschehen unterliegenden, aber erzeugenden Energie – ihn als einen der bedeutendsten Pioniere des 20. Jahrhunderts auszeichnen wird.

Ich weiß allerdings nicht, wie man sein schöpferisches Gesamtwerk durch Exponate oder Materialien zur Geltung bringen kann, wie das in der Ausstellung im Jüdischen Museum in Wien geplant ist.- Meiner Meinung nach geht das nur durch persönliche Erfahrung. Und das ist für mich die entscheidende Ebene: Dass es ein ganz anderes Denkmodell gibt, mit dem man unglaublich viele Facetten der Wirklichkeit einordnen, erfassen und begreiflich – das ist für mich ein sehr bedeutsames Wort „begreiflich“, also greifbar – machen kann. Unser gegenwärtig technisch sehr erfolgreiches Modell nennt sich „Naturwissenschaft“, eine materialistisch-orientierte Wissenschaft, ohne irgendeinen Bezug zu Geist oder Seele. Und Reich ist einer der wenigen wirklich bedeutenden Denker, der einen Paradigmenwechsel ermöglicht.

Für mich ist das Entscheidende, dass eine Praxis der energetischen Informationsübertragung, die aus der Theorie Reichs und durch seine Experimente entstanden ist, heute von abertausenden von Menschen durchgeführt wird – ob das in der Naturheilkunde ist, in der Biologie, in der Waldsterbensforschung oder in der Revitalisierung von Seen. Es gibt unglaubliche und unzählige gelebte, realisierte Erfahrungsbereiche, in denen die „Wissenschaft vom Lebendigen“, die Reich begründet hat, Realität geworden ist. Dies ist für mich der entscheidenste und wichtigste Punkt: Diese Praxis ist da.

W: Inwieweit haben Reichs Erkenntnisse in die heutige Medizin Eingang gefunden?

H: Da kann man vieles aufzählen: Es geht von der Psychosomatik der Krebserkrankung, der Charakterstruktur, bis hin zur Entstehung von Autoimmunerkrankungen, der Erforschung genetischer Veränderungen durch radioaktive Niedrigstrahlung, dem plötzlichem Zelltod durch Bläschenbildung. Es gibt unzählige Beispiele. Aber ich finde dies alles nicht so wichtig.

Es geht um eine Wissenschaft vom Lebendigen, es geht um ein ganz neues Verständnis von Gesundheit und Krankheit, es geht um eine ganz neue Einschätzung davon, was Energie damit zu tun hat – dies ist natürlich nicht im Interesse der pharmazeutischen Industrie. Es geht hier der Blickwinkel zurück auf die Seele des Menschen, auf die Energiestruktur des Menschen, auf die Charakterstruktur des Menschen, auf die Persönlichkeit des Menschen – und wir begreifen Krankheiten als autobiografisch. Ich kenne keine krebskranken Menschen. Ich kenne nur Menschen, die an Krebs erkrankt sind.

Es macht einen großen Unterschied, ob ich eine Objektivität nach draußen setze – wie die Diagnose Krebs -, oder ob ich sehe: da sind Menschen die unter einer bestimmten Erkrankung leiden. Das ist ein Punkt, den Reich sehr klar herausgearbeitet hat – „that makes the difference“. Es macht einen großen Unterschied, ob ich jemandem sage, er ist ein Krebskranker, oder ob ich ihm sage, er ist ein Mensch, der an einer Erkrankung leidet, die man schulmedizinisch Krebs nennt – das ist ein gigantischer Unterschied, wie man einem Menschen gegenüber tritt.

W: Du wirst in Orgonon auch als Referent auftreten. Worüber wirst Du sprechen?

H: Mein großes Anliegen von Jugendzeit an war – und deshalb habe ich Physik und Medizin studiert – das Thema Lebensenergie. Was ist dieses Prinzip, das wir im 20. Jahrhundert im westlichen System scheinbar oder im Wesentlichen aus der naturwissenschaftlichen Forschung ausgeschlossen haben?- Dies führte dazu, eine Grund-energie, eine Beseeltheit der Materie völlig wegzulassen, ja sie zu bekämpfen. Und darüber werde ich sprechen: Über die Gegenüberstellung westlicher und östlicher Lebensenergieforschung, weil es im Osten eine völlig andere Vorstellung hiervon gibt.

Wir im Westen erscheinen ja unglaublich mächtig, vergessen aber, dass Asien unglaublich viel mächtiger ist und teilweise – von der Tradition her – ein unschätzbares Wissen um grundlegende Lebensprozesse bewahrt hat. In dieser Tradition gibt es einen zentralen Begriff, der für uns nicht übersetzbar ist und in der chinesischen Standardenzyklopädie mit 21 verschiedenen Bedeutungen und 79 Binomina übersetzt wird; dieser Begriff heißt „Chi“. Wir können das nicht einfach – wie die heutige westliche Literatur dies handhabt – mit „Energie“ übersetzen. Das habe ich in Artikeln und vielen Vorträgen – auch seit Jahren in Wien – dargelegt: Energie ist nur ein Aspekt von Chi.

Es ist mir ganz wichtig zu sagen, das Reichs „Orgon“ einem, der organischen Welt nahe liegenden, schon kondensierten „Chi“ entspricht, und da bin ich in völliger Übereinstimmung mit dem Stammhalter der höchsten philosophischen Schule des Taoismus, Professor Lu Jinchuan.- Ganz nebenbei: Als ich 1996 die Ehre erhielt, sein Schüler zu werden, hat mich Dr. Eva Reich darin wunderbar unterstützt, sich sogar sehr gefreut. Sie sagte mir: „Mein Vater hatte sechzig Jahre, die Taoisten dreitausend Jahre lang Zeit, um diese grundlegenden Prozesse zu erforschen – du wirst viel lernen.“

Und noch ein Nachsatz: Professor Lu Jinchuan, der Goethe, Fichte, Herder, Schelling, Heidegger, Sartre besser als die meisten westlichen Gelehrten kennt, ließ sich den ins Chinesische nie übertragenen Reich durch seine Schüler übersetzen. Im November 1999 erklärte er in London vor seinen engsten Schülern Reich als den für ihn bedeutendsten westlichen Forscher und Denker.

W: Als jemand, der noch nie dort war: Wie kann man sich Orgonon vorstellen?

H: Orgonon umfasst ein etwa 70 Hektar großes Gebiet und liegt inmitten von Seen im US-Staat Maine, südlich der kanadischen Grenze. In diesem damals fast völlig unerschlossenen Gebiet machte Reich Anfang der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Urlaub und wurde sehr an sein geliebtes Norwegen erinnert, das er hatte verlassen müssen.

Für einen äußerst geringen Preis erwarb er dieses große Areal, das sich an einen wunderschönen See, den Mooselegmontik, anschmiegt und mit Hügeln und Wäldern durchsetzt ist. Wie Peter Reich mir letztes Jahr aufzeichnete, bauen die Seenketten dort eine sehr ungewöhnliche, hochenergetische Atmosphäre auf, was für Reich wohl ausschlaggebend war, diesen Ort zum Zentrum der Erforschung der Orgonenergie zu wählen.

Nach zahlreichen Besuchen in Orgonon gehe ich davon aus, dass sich hier durchgeführte Experimente, z.B. zur Elektrostatik oder Meteorologie nicht – ich phantasiere jetzt mal – in Kairo oder Moskau in gleicher Weise replizieren lassen.- Heute ist Orgonon ein Wilhelm Reich Museum und die wichtigsten Gebäude konnten mit ungeheurem privaten finanziellen Aufwand erhalten werden. Wenn man Reichs Wohngebäude, das Observatorium, betritt und durch die Bibliothek und seine Arbeitsräume geht, ist es so als ob er gerade mal eine Pizza – er liebte Hirschbraten und Pizza – holen gegangen wäre. Dies ist der fast alleinige Verdienst der von allen wenig geschätzten Treuhänderin Mary Boyd Higgins und zahlreicher privater Sponsoren.

Übrigens stand hinter Higgins immer ihr früherer Therapeut, späterer Mentor und ehemalig engste Mitarbeiter Reichs: der erst vor wenigen Jahren verstorbene Dr. Chester M. Raphael, mit dem sie auch die amerikanischen Reich-Ausgaben editierte und bei Farrar, Strauss & Giroux publizierte. Dr. Raphael war immer der „Adler“ im Hintergrund, der mir übrigens beim Nachvollzug der Blutdiagnostik Reichs schon Anfang der achtziger Jahre und bei der Arbeit mit an Krebs erkrankten Menschen ganz wertvolle Unterstützung gegeben hat.

Es ist mir ein ganz persönliches Anliegen, hier ein paar Worte zu Mary Higgins zu sagen, ohne die es Orgonon heute nicht mehr geben würde – ob es ohne sie erhalten werden kann steht in den Sternen. Higgins – und wie erwähnt im Hintergrund Dr. Raphael – waren fast fünfzig Jahre lang damit konfrontiert, dass alle, aber auch alle, etwas von ihnen wollten: Aufzeichnungen über geheime Experimente Reichs, über UFO-Beobachtungen, verschwundene Materialien, Tagebücher, Buchrechte, Filmrechte, etc. – aber niemand war bereit, etwas dafür zu tun oder etwas zu geben … eine bittere Rolle für die beiden.

Da Higgins aus einer einigermaßen begüterten Familie kommt und Dr. Raphael ein respektierter New Yorker Psychiater war, gelang es ihnen einen kleinen „Senioren-Unterstützerkreis“ unter Einsatz all ihrer persönlichen und materiellen Ressourcen aufzubauen: den „Wilhelm Reich Infant Trust Fund“, dessen exklusives Ziel der physische Erhalt von Orgonon war.

W: Wer ist Kevin Hinchey, der auch anläßlich der Eröffnung der Wilhelm Reich Ausstellung nach Wien kommen soll?

H: Kevin Hinchey habe ich in Zusammenhang mit einem Filmprojekt über Reich – dazu komme ich noch später – im Juli letzten Jahres auf seinen Wunsch hin getroffen; gehört hatte ich nur durch Peter Reich von ihm. Mit mir am Tisch war mein Freund Antonin Svoboda, der hier in Österreich als Filmproduzent (coop 99) und Regisseur recht bekannt ist. Ich war ganz überrascht über Hincheys Offenheit und Freundlichkeit; er hat sogar seinen Fernzug wegfahren lassen, um länger mit uns beisammen sein zu können.

Kevin hatte im Alter von acht Jahren mit seinen Eltern Urlaub in Maine gemacht, und an einem Regentag – der typische Grund für Besucher, in das entlegene Orgonon zu fahren – besuchten sie das Wilhelm Reich Museum. Irgend etwas, so erzählte er uns, hat ihn damals erfasst und nicht mehr losgelassen. Und so fuhr er immer wieder hin und war Mary Higgins bei diversesten Arbeiten behilflich – und wurde ihr Vertrauter.

Er ist heute Mary Higgins Stellvertreter und wird noch in diesem Jahr die Leitung von Orgonon übernehmen. Mary Higgins hat sich ein eigenes kleines Haus für sich und ihre beiden Schäferhunde `Ping´ und `Pong´ bauen lassen, um dort ihren Lebensabend – sie ist um die Neunzig – zu verbringen. Kevin ist Mitte Vierzig und steht nun vor der fast unlösbaren Aufgabe, Orgonon erhalten zu müssen. Er möchte die Schatten der Vergangenheit hinter sich lassen und bat ganz tief um Kooperation und Mithilfe – und lud mich als Sprecher nach Orgonon ein. Ich habe ihn zutiefst sympathisch in Erinnerung.

W: Auf der Tagung in Orgonon wird auch Hincheys Filmprojekt „Sparks of Life“ vorgestellt. Was weißt du darüber?

H: Hinchey hat Antonin Svoboda und mich sogar per E-Mail darum gebeten, gemeinsam „Sparks of Life“ – es ist ja zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur ein Projekt – zu verwirklichen. Der Film soll unter anderem durch den Verkauf von Rechten und anderen eventuellen Einnahmen den Erhalt von Orgonon gewährleisten.- Nun ist es aber so, dass Antonin und ich ein eigenes Filmprojekt haben und wir seit fast fünf Jahren an der Recherche und dem Drehbuch arbeiten und wir in den letzten beiden Jahren sogar geringfügig für Reisen, Unterkunft, Mietwagen, etc. von der EU unterstützt wurden. Wir sind da nicht in Konkurrenz. Aber ich glaube, eine Deckungsgleichheit des erarbeiteten Materials können wir nicht erreichen.

W: 50 Jahre nach Reichs Ableben wird – testamentarisch von ihm verfügt – sein Archiv im November dieses Jahres geöffnet.

H: Gerüchten nach besteht Reichs Nachlaß aus 200 in der Bibliothek der Harvard Medical School eingelagerten riesigen Containern. Die Zahl stimmt übrigens, nur nicht die Dimension. Wie ich von Dr. Eva Reich und Kevin Hinchey weiß, sind es ca. 200 Boxen, jeweils etwa im Ausmaß eines größeren Postpakets. Eva kennt die Inhalte; wir haben erst vor anderthalb Jahren noch einmal darüber gesprochen.

Außer Büchern und anderen Publikationen – die wir alle in Berlin und Wien im Original oder als Kopien, auch als Mikrofilm, vorliegen haben, Briefen, Tagebüchern – mit Ausnahme der hochinteressanten Forschungsperiode der fünfziger Jahre sind mit „Passion of Youth“, „Beyond Psychology“ und „American Odyssey“ bereits alle veröffentlicht – sowie einige wenige experimentelle Aufzeichnungen über Pendelexperimente – ist da nichts Bahnbrechendes zu erwarten. Warum auch? Das uns seit Jahren zugängliche Material reicht für jahrzehntelange Forschungsarbeit.

Da muss man das wenige Unbekannte in den Archiven nicht mystifizieren. Und der „Infant Trust Fund“ hat auch kein Geld, es in absehbarer Zeit zu katalogisieren. Wir haben in den letzten dreißig Jahren die Bionforschung, die Blutdiagnostik, den Orgonakkumulator, den „medical dor-buster“, die Krebsbehandlung, die behandlungsrelevante Unterscheidung von Energietypen des menschlichen Körpers und sogar jahrelang die meteorologischen Experimente mit dem „cloudbuster“ nachvollzogen und überprüft.

In Wien hat mein geschätzter Freund und langjährige Obmann des Wiener Reich Instituts, Mag. Günter Hebenstreit, die psychophysiologischen Wirkungen des Orgonakkumulators und die bioelektrischen Untersuchungen zur Funktion von Lust und Angst im menschlichen Nervensystem klinisch-experimentell durchgeführt und universitär veröffentlicht.- All dies oben Angeführte ist einmalig seit Reichs Ableben im Jahr 1957.

W: Magst Du noch etwas über Euer Wilhelm Reich-Filmprojekt sagen?

H: Gerne. Antonin Svoboda und ich kennen uns seit über fünf Jahren. Er kam 2001 zu meinem Vortrag am Psychologischen Institut in Wien und war den überwiegenden Teil der anschließenden zweijährigen Orgontherapie-Ausbildung anwesend – trotz seiner zahlreichen Auslandsaufenthalte -, die zu seinem Beruf als Produzent und Regisseur gehören. Er hat die Funktionen und Ausdrucksformen der Energie also hinreichend in seinem eigenen Organismus erfahren und erlitten. Er ist einer der feinfühligsten Männer, denen ich je begegnet bin.

Anlässlich unserer ersten USA-Recherche meinte Dr. Richard Blasband über ihn: „He ist the less-armored male being I ever treated.“. So war eigentlich Freundschaft damals schon vorgezeichnet. Und dadurch, dass ich in den letzten sechs Jahren – durch Deine unermüdliche Arbeit ganz oft nach Wien kommen durfte – und Antonin seinerseits manche Produktionsabläufe nach Berlin verlegen konnte, haben wir neben gemeinsamen Urlauben auch viel Gesprächs- und Arbeitszeit miteinander verbracht.

Das Projekt trägt den Arbeitstitel „Creation“ – nach dem im Gefängnis verschwundenen, nie wieder aufgefundenen Manuskript Reichs über Schwerkraft und die Funktion der Antigravitation. Reich arbeitete während seiner Inhaftierung in Lewisburg an dieser Schrift. Besuchern zeigte er immer wieder die Weiterentwicklung seiner Arbeit. Der Bibliothekar und der Gefängnispfarrer sahen ihn fast anderthalb Jahre – bis zu seinem plötzlichem Tod am 3. November 1957 – mit ganzen Stapeln von Manuskriptseiten in der Gefängnisbibliothek arbeiten. Nichts von alledem wurde jemals nach seinem Tode gefunden. Ohne jede Mystifizierung: das ist doch seltsam, nicht wahr?

Das erklärt auch unseren Arbeitstitel. Wir hatten am Anfang auch Alternativen: z.B. „The Man with the Child in his Eyes“-, frei nach einem Lied von Kate Bush – oder „Staatsfeind Nummer Eins“ – aber das erschien uns dann doch als zu reißerisch.- Antonin Svoboda arbeitet als Regisseur und Produzent an dem Filmprojekt; ich fungiere mit viel Freude als wissenschaftlicher Berater. Durch die von Media-Projekt in Brüssel unterstützte Recherche für ein „treatment“, das ist ein „Vor-Drehbuch“, konnten wir bisher zweimal in längeren Aufenthalten an der USA-Ost- und Westküste meine alten Freunde und Lehrer besuchen und interviewen.

So zum Beispiel Dr. Eva Reich, ihre wunderbare Tochter Renata, Peter Reich und seine Frau Susan – alle haben uns einen schönen Aufenthalt bereitetet. Auch Ilse Ollendorf, Peters Mutter und Reichs ehemalige Ehefrau, zu der uns Peter auf seine Anregung hin begleitete: 97-jährig und nur ein bisschen auf Stockunterstützung angewiesen, erinnerte sie sich hellwach an unsere Abende in Myron Sharafs Haus in Boston, und wir plauderten über Reichs Eß- und Trinkvorlieben.- Dann die unglaublich anstrengende Autofahrt nach Orgonon, das gerade geschlossen war. Die, wie vorher erwähnt, von allen ungeliebte Mary Higgins war über unseren Besuch völlig überrascht und führte uns – 88-jährig – stundenlang durch alle Gebäude und das Gelände von Orgonon.

Und fast eine Woche lang verbrachten wir mit Dr. Richard Blasband und seiner Tochter Eve auf dem Weg von Kalifornien nach Oregon, um auch bei einer eher langweiligen Konferenz von James DeMeo vorbeizuschauen. Ich erwähne das deshalb, weil dadurch Antonin Zugang, wie wohl kein anderer – denn diese Leute leben sehr zurückgezogen – zu Informationen bekommen konnte, die nirgendwo schriftlich niedergelegt worden sind; dies bezieht sich insbesondere auf die Zusammenkünfte mit Peter Reich.-

Die schwierigste Seite unserer Arbeit war die juristische: Erarbeitung notarieller Verfügungen unter US-Medienrecht für Zitate, Sequenzen aus Originalveröffentlichungen Reichs, Szenen aus Biographien wie Peter Reichs „A Book of Dreams“ und Myron Sharafs „Fury on Earth“, Dreherlaubnisse auf Orgonon, etc., etc. Wir sind weit gekommen, auch mit Hilfe eines New Yorker Staranwalts, Dr. Paul Blasband, Richards Bruder, der mit der Materie bestens vertraut war und uns umsonst beraten hat.

Zum Film: Drehbücher sind immer Goldschätze und große Geheimnisse. Ein berühmter, weltweit agierender Berliner Produzent wollte schon unsere Arbeit für mehrere Millionen erwerben und im persönlichen Gespräch allein zwanzig Millionen Euro aus seinem Privatvermögen zur ersten Stufe der Realisierung einsetzen – so fasziniert war er von dem Stoff, mit dem er sich schon vier Jahre lang beschäftigt hatte, aber an Peter Reich, Eva und die anderen nicht herankam. Das ist die Filmwelt.

Die war mir auch fremd, und da habe ich viel Neues kennen gelernt. Nach vielen durchgespielten Varianten beginnt „Creation“ 1934 mit Reichs Ausschluss aus der „Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung“ und begleitet Reich unter minutiöser, detailreicher Entwicklung von Dänemark und Norwegen in die USA. “Creation“ beinhaltet Unmengen an Originalzitaten, notariell abgesicherten Szenen aus Myron Sharafs, Ilse Ollendorf-Reichs und Peter Reichs Biographien sowie mündlichen Mitteilungen.

Auch Eva Reichs Unterrichtungen spielen eine große Rolle und das unveröffentlichte „Second Book of Dreams“ Peter Reichs. Es wird ein Spielfilm, der sich aber mit Ausnahme dramaturgischer Elemente ganz an dem wirklich Geschehenen orientiert. Ein Mittelpunkt wird das Gerichtsverfahren bilden. Der Film endet mit Reichs Tod im Gefängnis; hier arbeiten wir viel mit dem Material „USA against Wilhelm Reich“ des kürzlich verstorbenen Jerome Greenfield und Peter Reichs „A Book of Dreams“.

W: Und wer wird die Hauptrolle spielen?

H: Nach langer Überlegung haben wir uns für Wolfram Ratz entschieden… Und als Abschluss-Song kommt „Heroes“ oder „Welcome to Reality“ von David Bowie. Nun beginn mal schön mit dem Schauspielunterricht…

W: Am besten wendest Du Dich in dieser Angelegenheit an meinen Sekretär, der Dir auch meine Bankverbindung bekanntgeben wird.

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