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Bukumatula 5/1994

Kraut und Rüben und mehr – zum Verzehr

Ein Abendgespräch mit Brigitta Bacher-Bolen
Beatrix Teichmann-Wirth und Bernhard Hubacek:

Begin as creation, become a creator.
Never wait at a barrier.
In this kitchen stocked with fresh food,
why sit content with a cup of warm water?

RUMI

Reich: „… der Mensch braucht wie alles Lebende zunächst Stillung des Hungers und sexuelle Befriedigung“
und
Mutter Bacher zu Peter Holen: „… sie ist schwer zu ernähren …“

Beatrix: Brigitta, kannst du erklären, was unter Makrobiotik zu verstehen ist?

Brigitta: Ich kann nur sagen, was es für mich ist und wo ich merke, daß es so gut zur Arbeit Wilhelm Reichs paßt, daß in der Makrobiotik der energetische Aspekt der Ernährung berücksichtigt wird. Daß es eine Ernährung ist, die darauf Rücksicht nimmt und das auch unmittelbar erfahrbar macht. Für mich ist es das wichtige zu erfahren, daß Ernährung den ganzen Körper energetisch beeinflußt. Und daß ich über Ernährung, und vor allem über die Zubereitung und Auswahl der Ernährung, den energetischen Zustand meines Körpers beeinflussen kann.

Beatrix: Und wie ist das dann konkret?- Also ich habe auch schon Erfahrungen gemacht, zum Beispiel mit den thermischen Qualitäten von Nahrung.

Brigitta: Natürlich, das ist die Erfahrung, die ich ganz unmittelbar und ganz eindeutig als allererstes gemacht habe: Wenn ich beispielsweise im Spital, wo eine Klimaanlage ist, einen Nachtdienst gehabt habe, wenn ich über eine bestimmte Zeit dort war, ist mir so kalt geworden bis in die Knochen, daß ich auch regelmäßig krank geworden bin. Und da habe ich dann wirklich die gegenteilige Erfahrung gemacht, daß ich seither nicht mehr friere dort, die Klimaanlage kann mir nichts mehr anhaben. Das war einfach eindeutig.

Beatrix: Ich merke das auch beim Arbeiten. Wir trinken jetzt regelmäßig Mu- oder Bancha-Tee statt Kaffee am Nachmittag in der Praxis. Früher habe ich viel Kaffee getrunken und habe gemerkt, ich bin „kälter und kälter“ geworden, energetisch immer mehr in die obere Körperhälfte gewandert. Aufgeregter und aufgeregter und immer mehr nach „oben“ und in der Peripherie ganz kalt. Und jetzt merke ich, ich trinke Mu-Tee und es geht total in die Hände.

Bernhard: Das geht mir auch so.

Brigitta: Wenn du sagst, daß es bei dir immer mehr nach oben gegangen ist. Das macht für mich total Sinn, weil ich mich als ganzes als jemanden sehe, der nach oben tendiert; Ich habe mein Leben lang Kaffee überhaupt nicht vertragen, das hebt mich dermaßen aus, daß das über meine Grenze geht, von dem, was ich überhaupt noch ausgehalten habe an Ying und „Nach oben gehen“.

Beatrix: Und ich habe gemerkt, das hat einen Einfluß auf meine Wärmeempfindungen und es hat auch noch auf andere körperliche und seelische Befindlichkeiten Einfluß. Wenn ich zum Beispiel eher Yang-Qualitäten zu mir nehme, wird sogar meine Stimme tiefer, das ist mir auch aufgefallen und ich rede weniger (lacht); also es wird langsamer, eindeutiger und klarer. Es sind nur wenige Sätze zu sagen …

Brigitta: … kürzer, simpler, es ist nichts so Gescheites, es wird „normaler“. Das habe ich bemerkt. Ich weiß natürlich nicht, ob das jetzt nur durch die Ernährung bedingt ist Die Umstellung der Ernährung erlebte ich in meinem therapeutischen-, oder besser Entwicklungs- oder Entfaltungsprozeß als ganz entscheidenden Schritt oder Beitrag.

Der von uns angestrebte freie Fluß der Energie im Körper und im Kontakt mit der Umwelt – und das habe ich wirklich so erlebt – wird durch eben diese „falsche“ Ernährung, diesem unbewußten, unsensiblen Umgang mit Ernährung energetisch nicht nur nicht unterstützt, sondern durch das Anhäufen von Schlacken – gegen die der Körper unbewußt – solange unbewußt bis man eben anfängt es zu spüren, in ständiger Abwehr lebt -, auf physiologischer und energetischer Ebene dauernd boykottiert. Ich habe durch die Umstellung der Ernährung erlebt, daß ich diese oben beschriebene Grundhaltung einer ständigen Abwehr plötzlich – ja, fast plötzlich ablegen konnte. Der Körper panzert sich gegen falsche Ernährung. Ich kann es mir nicht mehr vorstellen, daß es möglich ist ein ungepanzerter Mensch zu sein und ständig Kaffee, Schokolade und Schweinefleisch zu „fressen“. So ist es für mich.

Das ist das eine: der Boykott – und sein Wegfall. Der andere Aspekt: die Unterstützung: die energetische Unterstützung – und ihr Mangel. Ich habe diesen Mangel vorher immer so stark erlebt – aus meinem therapeutischen Prozeß heraus vorerst vor allem als diesen Mangel an energetischer Unterstützung durch meine Mutter von Anfang an – es schien für diesen Mangel keine Kompensation mehr zu geben. So war ich schon lange auf der Suche: Was kann mir in meinem Leben das „Nicht getragen worden sein“ ersetzen? Ein Therapeut, eine Gruppe, Freunde können das zeitweise – doch nicht in ausreichendem Maße. In dieser Art mich zu ernähren fand ich für mich den „Schlüssel“.

Beatrix: Ich glaube, es müßte auch das sein, was bei Gerda Boyesen geschrieben ist. Man sagt ja, daß bei Reich – obwohl das in der Arbeit tatsächlich ja nicht so ist -, sehr viel am Muskelpanzer ansetzt. Das empfinde ich gar nicht so in dieser Eindeutigkeit, aber die Boyesen geht den Verdauungstrakt sehr stark an und das habe ich auch gemerkt irgendwie, daß, wenn man ausgewogene Nahrung, also Nahrung in der Mitte, – nicht extrem Yang, nicht extrem Yin – zu sich nimmt, dieser Bereich eine Entpanzerung erfährt. Das gefällt mir sehr gut, was Kushi schreibt, daß die meisten Leute zu stark Yang essen und dann zu stark Yin essen müssen und daß sie aus dem heraus innerlich ganz stark kontrahiert werden und gleichzeitig äußerlich aus den Fugen geraten. Mit dem kann ich viel anfangen.

Bernhard: Vielleicht sollte man an dem Punkt klären, was typische Yang- bzw. Yin-Qualitäten sind, jetzt von der energetischen Seite her.

Beatrix: Ja, genau, ich komme mit der Ohsawa-Definition von Yang ist gleich Kontraktion nicht ganz zurecht …

Brigitta: …Yang, die Zentripetalkraft.

Beatrix: Ja, aber es ist das Wort Kontraktion im Gegensatz zu Yin, Ausdehnen, und so gesehen müßte nach Reich Yin gut sein und deshalb interessiert mich, wie du das siehst.

Brigitta: Ja das ist ein interessanter Aspekt. Ich habe gerade in der „Funktion des Orgasmus“ gelesen. Reich schreibt von der chronischen Kontraktion des Masochisten, die verknüpft ist mit dem Wunsch nach, und der Angst vor dem „Zerplatzen“. Kommt daher das Gefühl, daß bei Reich die Ausdehnung (Yin) das Gute, Erwünschte doch nicht Vorhandene, weil so sehr Gefürchtete ist?- Was ist „Orgasmusangst“, was ist überhaupt ein „Orgasmus“ in Hinblick auf Yin und Yang?- So wie ich das verstanden habe, setzt sich die Orgasmusformel „Spannung – Ladung – Entladung – Entspannung“ aus beiden Komponenten zusammen, aus Yin und Yang. Und: Die Orgasmusangst bezieht sich auf die Angst vor der völligen Hingabe an beide Teile – wahrscheinlich von Mensch zu Mensch in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlicher Zusammensetzung.

Das ist das eine. Das zu Reich.- Jetzt zu Ohsawa und seiner Vorliebe für Yang: Ohsawa sagt bei seiner Beschreibung der Lebensmittel in Hinblick auf Yin- und Yang-Qualitäten: Zucker ist so sehr yin, daß er gar nicht balanciert werden kann. Er sagt weiters, daß das Gleichgewicht der meisten von uns zur Yin-Seite hin unausgeglichen ist, obwohl wir in mancher Hinsicht ebenso zu yang sein mögen -sodaß wir aus diesem Grund versuchen sollten, mehr yang zu werden. Also: Sowohl Kontraktion als auch Expansion können nicht a priori etwas Schlechtes sein. Leben geschieht im Wechsel beider – in der Pulsation. Das wissen und beschreiben sowohl Reich als auch Ohsawa.

Oder aus einem anderen Blickwinkel: Die Lustangst, die Angst vor Ausdehnung, Loslassen, totaler Passivität, Hingabe, Auflösung im sexuellen Kontakt, Orgasmus – ausgehend von einem, wie Ohsawa es beschrieben hat, in Richtung Yin verschobenen Gleichgewicht: es muß sozusagen Angst bestehen vor weiterer Ausdehnung, Passivität; im täglichen Leben ganz allgemein ein Mangel an Yang-Qualitäten – führt als Reaktion zu chronischer Kontraktion und der Unfähigkeit zu vollständiger Expansion beim Orgasmus – dagegen ist Reich, ja?

Beatrix: So wie Ohsawa extreme Yin-Qualitäten in der westlichen Zivilisation beschreibt – Zerstreuung, Fettsucht, Unkonzentriertheit …, dann kann das auch nicht das sein, was Reich mit Expansion gemeint hat, weil er ja die Richtung des Energieflusses beschreibt und nicht ein chaotisches, richtungsloses Zerstreuen. Ich würde das so vergleichen: wenn jemand auf der Matte liegt und es steigt die Ladung und die Energie hat noch keine Richtung, so unterstützen wir dies, indem wir zum Beispiel sagen, der Klient soll die Beine aufgestellt lassen, beziehungsweise durch Interventionen, welche dem Energiefluß eine Richtung geben. Damit wäre Yang-Qualität – richtungsgebend, gebündelt … repräsentiert.

Brigitta: Die Yin-Qualität ist ja das absolut Passive und indem ich den Patienten auffordere beim Atmen zu bleiben, fordere ich ihn ja immer auch auf in die Aktivität zu gehen; ihn aufzufordern die Beine aufzustellen statt sie nur hinzulegen, ist ja auch etwas in Richtung Aktivität.

Bernhard: Vielleicht können wir noch mehr sammeln von diesen Qualitäten von Yin und Yang. Es kommt mir wichtig vor diese Qualitäten von Ohsawa und Reich zu vergleichen, das finde ich total interessant.

Brigitta: Ja, was ist Yin?- Kühl, kalt, wäßrig …

Beatrix: Gerade dazu habe ich auch eine Frage. Ohsawa schreibt oft, daß man wenig trinken soll. Nun hat Michael Smith zum Beispiel das Wassertrinken unheimlich betont in der Zeit von Tschernobyl, um die Entladung zu unterstützen.

Brigitta: Für die böse Energie.

Bernhard: Ja, überhaupt zum Reinigen.

Brigitta: Ja, aber Reinigen tut man immer von etwas.. Die gesamte makrobiotische Ernährung ist eigentlich „Reinigen“. Da tut man dann nicht mehr extra reinigen.

Beatrix: Das was mir dabei aufstößt ist das Aufstellen der Regel, wie es bei Ohsawa durchklingt, „wenig trinken“. So wie du es beschreibst kann ich es verstehen und so kann ich es auch nehmen, daß es sich sozusagen von selbst ergibt, daß man, wenn man ausgewogen ißt, dann zum Beispiel keine extremen Gelüste auftreten, wozu auch vieles Trinken gehört.

Bernhard: Aber sag das noch mal, in welchem Zusammenhang der Michael Smith das mit dem Wassertrinken gemeint hat.

Beatrix: Der Michael hat das zu uns nach Tschernobyl gesagt und hat gemeint, daß es wichtig ist, sich durch Wassertrinken von der DOREnergie zu reinigen, damit sie nicht eine Verstärkung der Panzerung bewirkt. Das soll man von innen und von außen, durch Duschen und durch Wasser trinken.

Brigitta: Das macht Wasser sowieso. Es nimmt Energie auf und es leitet sie ab. So, und was ist das jetzt für eine Energie? Ah, OrgonEnergie. Und wie ist das jetzt mit dem Yang? …

Beatrix: Ich finde gut, wenn du sagst, daß, wenn du dich – das klingt so blöd – gesund ernährst, also ausgewogen ernährst, dann mußt du dich nicht mehr so viel reinigen …

Brigitta: Du wirst einfach beweglich und das sagt Reich auch, daß ein gesunder Organismus beweglich ist.

Bernhard: Aber ist nicht auch das Wassertrinken und das Reinigen etwas Energetisches? Da geht es ja nicht nur um das Reinigen von schlechter Ernährung, sondern was du auch so abkriegst von der Umwelt und so …

Brigitta: Ja, das will ich ja gerade sagen, das war ja meine erstaunliche Erfahrung. Wenn ich früher aus dem Spital gekommen bin, dann mußte ich mich in die Badewanne setzen, mich duschen. Das muß ich nicht mehr, das muß ich nicht mehr, Bernhard. Und das ist genau das, was ich jetzt sagen will. (Beatrix lacht) Ich habe das Gefühl, daß ich diesen Dingen, die genauso schädlich sind, nicht mehr ausgesetzt bin. Ich fühle mich nicht geschützt, sondern ich fühle mich so beweglich, daß es mich nicht mehr tangiert.

Es ist nicht so, daß das nie vorkommt, aber es ist wirklich selten. Und ich tu mich viel weniger duschen und baden überhaupt kaum mehr. Nach einem Dienst dusche ich in der Früh sehr gerne dort, das stimmt. Aber nicht so wie es früher war, daß ich dann heimgekommen bin und lange irgendwie in der Badewanne gelegen bin. Ich würde das niemals als Reinigen bezeichnen, sondern schlicht und einfach als Reagieren. Einfach als Antworten, und zwar direkt. Selbst wenn ich mich jetzt nachher dusche, dann würde ich das nicht so wie früher sagen, jetzt tue ich das weg was war, sondern o.k., das war so und jetzt ist es ganz gut zu duschen.

Das Schöne an der Makrobiotik ist, zu sehen, daß es um beides geht und daß nichts pfui ist und daß es immer darauf ankommt, wann, wo und wie die Dinge in Bewegung sind. Daß es eben das nicht gibt, „wogegen man sich schützen muß“. Das hat Reich in seinem eigenen Charakter sehr stark und daher kommt das eben mit Reinigung und dann kommt das mit der bösen Mischung von Energie. Seit ich mich mit der Makrobiotik beschäftige und mich auch so ernähre, habe ich das Gefühl, das ist nicht mehr so.

Ich habe früher geglaubt, ich halte es nimmer aus in der Stadt, ich halt’s nimmer aus, den Lärm, den Gestank, die vielen Menschen. Ich stehe jetzt in meiner Küche und ich habe das Gefühl, ich bin in der Natur, ich bin im Garten, ich habe da alles, was lebt um mich, habe es in mir und merke, so kann ich hier leben. Es macht mir wirklich nichts mehr. Ich kann seither wirklich da leben. Und zwar gut. Und ich empfinde es nicht mehr als Bedrohung und mich als irgendwie wehrend; es ist einfach nicht mehr so. Das ist schon sehr spannend.

Bernhard: Ich denke mir einfach dazu, wie lebendig Nahrung ist und wie stark in der Wirkung.

Beatrix: Ja, diese starke Wirkung habe ich schon gemerkt, jetzt gerade im Sommer. Ich war zunächst wirklich irgendwie verliebt in die Makrobiotik und nachdem ich eine Zeit lang damit gelebt habe, habe ich gemerkt, haltaus, da fängt jetzt was zu Schmelzen an. Ich kann mich genau erinnern: Ich bin im Zug gefahren von Kärnten nach Wien und habe richtig gespürt, mah, da schmilzt was in mir, ahhh, so auf einer ganz tiefen Ebene, wie ich es nicht einmal in Körperarbeiten je so erlebt habe und das hat mir natürlich auch ein bißchen Angst gemacht. Das war so ein Schmelzen in die Tiefe und ein Langsamwerden und ein „Nicht mehr so draußen sein“. Und da habe ich schon bemerkt, wie eingreifend das ist.

Bernhard: Charakter angegriffen …

Beatrix: Ja, total, bei mir total.

Brigitta: Dies als Schmelzen zu bezeichnen ist wunderschön. Und es
ist auch das, was meiner Erfahrung entspricht. Das ist auch das Schöne an dieser Art von Diät, die ja keine Diät ist, und wo ich glaube, daß sie sich unterscheidet von jeder Art von anderer gesunder Ernährung. Daß es überhaupt nicht darum geht, weil das auch nicht funktioniert, irgend etwas sofort und radikal aufgrund einer Erkenntnis zu verändern, sondern diese Veränderung geschieht wie Schmelzen.

Beatrix: Auf der anderen Seite habe ich jedoch auch erlebt, also dann im August, als es mir nicht so gut gegangen ist, daß ich es gemäß einer meiner Charakterhaltungen auch gegen mich benutze. Nämlich in einer asketischen, rigiden Interpretation. Nicht mit einer lebensfreundlichen Haltung, sondern verbietend und damit lebensfeindlich. Und im Zuge davon habe ich mir überlegt, ob das vielleicht so ist, daß man diese Form der Ernährung erst machen kann, wenn man schon nicht mehr ganz mit dem Charakter identifiziert ist.

Wenn man ganz im Charakter ist, dann macht man es im Sinne des Charakters und das finde ich wenig heilsam. Ich habe mich in der Zeit genauso daran gehalten (das sagt es ja schon), ich habe nichts geändert an meiner Ernährung, und es ist mir trotzdem schlecht gegangen. Ganz im Gegensatz zu dieser Phase, wo ich so verliebt war und so in Freiheit und entdeckend. Das war dann das Gegenteil irgendwie, also ich bin deprimiert gewesen trotz meiner ausgewogenen Getreidekost.

Brigitta: Das war dann zu ausgewogen. Und das beschreibt ja auch Aihara als er als Student angefangen hat mit der Makrobiotik und wie er dabei total in die Sackgasse gekommen ist. Daß er plötzlich nicht mehr gut lernen konnte, er dünn und komisch wurde. Er hat total in Begeisterung übertrieben. Das geschieht einfach auch. Es kommen die Punkte, an denen man immer wieder erhärtet, erstarrt. Das kennen wir ja aus der Körperarbeit genauso.

Der Panzer löst sich und es kommt dann die Gegenbewegung wieder und es verkrustet wieder und es ist jetzt einfach wichtig wieder im Fließen und lebendig zu bleiben, zu atmen und zu schauen, was ist jetzt eigentlich. Irgendwo habe ich auch gelesen, daß dieses Schmelzen auf verschiedenen Schichten hintereinander passiert, daß man immer wieder an Punkte kommt, wo man dann wieder ansteht und wo man sich dann auf das Schmelzen der nächsten Schicht wiederum einlassen muß. Sehr schnell verändert sich die Qualität des Blutes. Die nächsten Schichten entsprechen

Geweben, die sich weniger schnell verändern. Zum Beispiel die Muskulatur oder letztlich die Uraltreserven, wo man dreißigjährige Fettgewebe irgendwo hat. So ist das jetzt auf der körperlichen Ebene beschrieben. Ich denke, damit verknüpft sind dann auch alle Charakterschichten, die man durch die Umstellung genauso ankratzt. Je nach dem, wie du dann damit umgehst, wirst du weitergehen oder aussteigen – auch aus dieser Art dich zu ernähren; das hängt schon total eng zusammen. Dazu Alk mir noch ein Zitat von Ohsawa ein: „Aber um dahin (mehr Yang ) zu kommen, müssen wir zuweilen Yin Umwege gehen: Fünf Schritte rückwärts, sechs Schritte vorwärts -Beschränkung, Gelingen. Bittere Beschränkung darf man nicht beharrlich üben“.

Beatrix: Aber das ist auch interessant, wenn du sagst, da steigen dann die Leute aus. Das ist in der Körperarbeit genauso, daß die Leute an einem gewissen Punkt aussteigen, wenn sie in die Nähe eines „Ausgangs“ kommen und niemanden haben, der imstande ist, sie an diesem Punkt weiterzubegleiten. Das war es für mich, glaube ich, daß ich dich zum Beispiel nicht kontaktiert habe. Das kommt mir jetzt erst.

Beim ersten Mal, wo ich so ein bißchen angefangen habe, und es ist mir nicht gut gegangen, habe ich ein Gespräch mit dir gehabt und da hast du mich gefragt, was ich denn gegessen hätte in der letzten Woche. Und dann habe ich aufgezählt also Kohlrabi und Spargel und solche Sachen, und ich bin total gereizt geworden und habe nicht mehr gewußt wohin mit meinen Energien sozusagen, und dann hast du gesagt, na ja, das ist ja alles yin, da mußt du schauen ausgewogener zu sein …

Brigitta: … ein bißchen mehr in Richtung Yang, wobei es bei mir umgekehrt ist. Ich frage mich immer wieder, wie das wirklich zusammenhängt, aber ich merke, immer wieder, daß es für mich darum geht, mich sanft mehr in Richtung Yin zu bringen. Ich esse irrsinnig gerne diese knusprigen Yang-Sachen und ich liebe auch diesen Zustand an sich, diese Hellheit, Klarheit, Wärme. Das war ursprünglich auch wichtig für mich, daß das irgendwie hineingekommen ist, wie ich schon gesagt habe, mir war früher immer kalt. Nun kam in die Richtung zu viel …

Beatrix: Was zu viel?

Brigitta: Ja, in die Richtung, zum Beispiel in das Yang. Man verliebt sich in den Zustand und lebt so und lebt so und lebt so. Das ist dann eine Art von Gewohnheit.

Bernhard: Was passiert dann, wenn du zuviel im Yang bist?

Brigitta: (stöhnt) Was dann passiert ist, daß ich unheimlich effizient bin, irrsinnig viel weiterkrieg, das ist toll, nie müde bin und das geht eine Zeitlang so. Und irgendwann kommt dann der Punkt, wo du einfach merkst, he, du powerst deinen Körper in Wirklichkeit total aus, du kannst das total mißbrauchen und du merkst, daß das einfach nicht mehr stimmt. Und dann sind wir wieder bei der Pulsation. Es ist total schön effizient zu sein, es ist total schön so klar zu sein, total schön Dinge weiterzubringen, die Zeit zu nützen, aktiv zu sein, in Kontakt zu sein und wenn das nicht abwechselnd ist mit dem anderen, drehst du durch, „brennst“ ab.

Beatrix: Ich habe die Erfahrung gemacht, als ich sehr stark Yang gegessen habe, also nur geröstetes Getreide und häufig Buchweizen, daß ich in einen Zustand gekommen bin, den ich sehr gerne möchte. Nämlich wirklich so in mich zu kommen, runterzukommen und das war für mich gut und das war vor allem für die Körperarbeiten gut; also erstens habe ich immer warme Hände gehabt und zweitens waren die Interventionen ganz gezielt und ich war nicht verführbar.

Ich bin so fest in mir gesessen und es hat einen Ernst gehabt, es war nicht so diese freundliche, geneigte Haltung. Es hat auch mit dem Gesicht zu tun; das Gesicht ist mir im besten Sinne des Wortes „hinuntergefallen“, also nicht mehr das gewogene, nette Gesicht, sondern ernster und gerader, auch entspannter. Was ich auch gemerkt habe war, daß meine sexuellen Bedürfnisse nachgelassen haben. Das war so eigenartig.

Brigitta: Das finde ich interessant. Meine Erfahrung ist da total anders.

Beatrix: Ich bin total selbstgenügsam geworden dadurch, ich brauchte nichts; Wie erklärst du dir das, das daß so unterschiedlich ist?

Brigitta: Vielleicht eine andere Qualität. Ich habe mich schon auch
nicht so brauchend erlebt wie früher, jedoch mit viel mehr „Appetit“ –
auch auf Sex. Und mit diesem Appetit schmeckt‘ s mir einfach besser –

dadurch bin dabei nicht mehr so von äußeren Gegebenheiten, Stimmungen und Eigenheiten des Partners abhängig, dadurch werde ich auch leichter satt. So ist es bei mir jetzt. Und: aus der Erfahrung heraus unabhängiger zu sein im Leben (mehr Yang) habe ich mehr Fähigkeit zur und mehr Spaß an Hingabe.- Na, weißt du, was ich noch sagen wollte: wenn ich zuviel im Yang bin, komme ich zu einem Punkt, wo ich anfange Süßigkeiten zu fressen.

Beatrix: Das beschreibt Ohsawa ja auch, wie die Leute sich normalerweise ernähren. Sie trinken Kaffee und brauchen eine Zigarette dazu, weil Zigaretten yangisieren und Kaffee yinisiert. Kaffee mit Zigarette, rotes Fleisch mit Wein, immer so, daß ein Ausgleich stattfindet. Und ich habe die selbe Erfahrung mit makrobiotischer Kost gemacht. Nach dem Genuß von Buchweizen, der sehr yang ist, hatte ich oft das Bedürfnis, etwas Süßes zu essen. Ich darf Buchweizen nicht zu häufig zu mir nehmen, weil es zu extrem ist, ich werde grantig und gereizt und süßigkeitenhungrig.

Bernhard: Also mir tut’s gut.

Brigitta: Ja, das glaube ich auch, für Männer ist das unterstützend.

Beatrix: Das ist zum Beispiel auch etwas, was mich interessiert, daß es sicher einen Unterschied gibt, was ein Mann essen sollte und eine Frau.

Brigitta: Und das hängt noch einmal davon ab, welcher Mann und welche Frau.

Beatrix: Und was würdest du da sagen?

Brigitta: Ein Mann braucht mehr Yang, eine Frau verträgt mehr Yin. Frauen brauchen einfach mehr Süßes. Männer können wieder mehr Fleisch essen, brauchen mehr Angebratenes, mehr Trockenes, Warmes, Salziges, Frauen weniger. Kinder, die an sich sehr yang sind, brauchen überhaupt nicht viel Yang, die müssen mehr Yin essen, damit sie sich ausbreiten und wachsen können.

Bernhard: Wie ist das bei den Kindern mit der Lust auf Süßes?

Brigitta: Ja, ja, wobei es wiederum um das extreme Süße geht. Das extreme Süße haben sie nur, weil sie erstens kein anderes adäquates Süßes kriegen und weil sie auf der anderen Seite wahrscheinlich zu viel Yang kriegen, also viel Fleisch essen. Das höre ich oft in letzter Zeit von Eltern, daß ihre Kinder unheimlich gern Fleisch essen. Andererseits sagen mir wieder viele Eltern, ihre Kinder mögen überhaupt kein Fleisch. Das ist sehr unterschiedlich und hängt wahrscheinlich damit zusammen, wie sich die Mutter während der Schwangerschaft ernährt hat.

Beatrix: Ich glaube, daß Kinder auch konstitutionell unterschiedlich sind, glaubst du nicht?

Brigitta: Schon, auch, aber was ich auch glaube ist, daß Kinder, die „ruhig gehalten“ werden, wie Al Bauman in einem Artikel schreibt, sich das erleichtern, indem sie Süßes essen, und sich selber unterstützen das auch durchzuhalten, was von ihnen verlangt wird, nämlich nicht yang zu sein, also aktiv, herausgehend. Wenn sie schön Süßes fressen, dann halten sie das besser aus, weil das die Passivität unterstützt, das macht eben angepaßtere Kinder. Der Zuckerkonsum ist das größte Gift.

Beatrix: Das steht auch bei Aveline Kushi so, daß früher Zucker in den Apotheken in den Giftkästen aufbewahrt wurde.

Brigitta: Das ist kein Gift von dem man Lähmungen bekommt und sofort daran stirbt, sondern es ist ein Gift auf einer ganz globalen Ebene. Ich meine auf der, daß Menschen passiv gemacht werden und angepaßt werden und nicht mehr lebendig sind.

Bernhard: Was würdest du jemandem raten – ich habe zum Beispiel eine zuckersüchtige Klientin, was soll die essen? Sie kommt in eine ausgesprochene Unausgewogenheit hinein, wenn sie nicht eine bestimmte Menge Süßes bekommt.

Brigitta: Es geht nicht darum jemandem zu sagen, das Gegenteil zu sich zu nehmen, um das zu balancieren, sondern er muß dort bleiben, wo er ist und schön langsam ausgewogenere Süßigkeiten und eine andere Art von Süß entwickeln.

Beatrix: Zum Beispiel Süßigkeiten, die von der Zubereitung her gekocht sind, wo durch die Hitze Yang zugeführt wird, bzw. wo sie zum Beispiel kauen muß, das ist schon ein wichtiger Übergang. Es kann trotzdem die Qualität süß haben, aber es muß verarbeitet werden.

Brigitta: Du sagst, sie hat andere Süchte auch, da muß man sich die anderen Süchte einmal anschauen, wo die extremen Yang-Dinge sind die sie da treibt mit sich selber. Sie geht wirklich ins extreme Yin.

Beatrix: Was meinst du da, daß sie Yang-Sachen treibt? Brigitta: Weiß ich nicht.- Raucht sie auch?

Bernhard: Nein. Sie trinkt sehr viel, sie ißt sehr viel.

Brigitta: Also dann geht sie wirklich ins extreme Yin. Wie sieht es mit ihrer Aggressivität aus?

Bernhard: Sie beißt sich im wahrsten Sinn die Zähne aus.

Brigitta: Sie ist extrem aggressiv und kontrahiert. Das ist der Versuch ihre Kontraktion loszuwerden. Indem sie so ins Extreme geht, betoniert sie das ganze. Das ist verständlich.

Beatrix: Ich habe eine extrem übergewichtige Frau, bei der fällt mir der Aspekt des „Aushaltens“ ein. Die ißt Schokobananen aus Großpackungen und das ermöglicht es ihr, daß sie ganz symbiotisch mit ihrer Mutter lebt. Niemals irgendwas entgegensetzt. Aber ich glaube es gibt einen Unterschied. Es gibt bulimische Frauen, die in den Bulimie-Attacken nur Süßes essen und die, würde ich sagen, sind extrem kontrahiert und setzen auf diese Art etwas entgegen. Allerdings, wenn sie erbrechen, kontrahieren sie sich wieder …

Brigitta: Reich beschreibt in dem Masochismus-Kapitel, daß der masochistische Charakter der Versuch ist, die quälende innere Spannung in der chronischen Kontraktion mit dem Wunsch nach „Zerplatzen“ loszuwerden. Das Essen von extrem viel Zucker – extremem Yin, hat da sehr was ähnliches. Und er schreibt auch, daß dadurch, daß die Fähigkeit zur selbständigen, aktiven Herbeiführung einer Befriedigung durch die Lustangst gesperrt ist, sich die Masochisten die orgastische Lösung, die sie am tiefsten fürchten, als eine Erlösung von außen, passiv, durch einen anderen – oder etwas anderes – erwarten. Auch das paßt dazu.

Das zeigt auch, wie sich die Katze auf diese Art in den Schwanz beißt. Mir ist noch ein Aspekt eingefallen. Etwas mit der Aggressivität, dem Herangehen, Herausgehen und dem Aktiv-sein-können. Warum funktioniert das bei den meisten Leuten denn nicht wirklich? Das was sich durch die makrobiotische Ernährung auch verändert, ist die Fähigkeit zur Wahrnehmung der Realität, so wie sie ist. Und das ist eine wichtige Voraussetzung. Du kannst nicht aktiv sein und dich bewegen, wenn du dein Gegenüber nicht wahrnimmst, weil dann rennst du an und dann hörst du wieder auf damit.

Beatrix: Also das habe ich schon bemerkt. Seit der Umstellung meiner Ernährung war eine große Veränderung zum Beispiel, daß Ordnung in einem gewissen Sinn wichtig wird, daß die Dinge ihren Platz haben; ich habe das wunderbar gefunden, was Aveline Kushi über die Reiszubereitung schreibt. Da schreibt sie, daß es nicht gleichgültig ist, wie man den Reis wäscht und daß es keine Musik beim Kochen geben soll und keine Parfums. Also ich merke das, es ist so toll den Reis beim Anrösten zu riechen. Das finde ich so wunderbar.

Brigitta: (hauchend) Ja, jetzt sind wir bei der sinnlichen Qualität.

Beatrix: Ja, und das ist auch sinnlich, was die Wahrnehmung betrifft, daß man schaut, wo es einen hinzieht, also, wo es „gut“ ist.

Brigitta: In der Körperarbeit nennt man das vegetative Identifikation, ich würde das ebenso nennen auf der Ebene der Ernährung. Es ist zum Beispiel auch nicht gleichgültig, wie ich die Dinge schneide. Nämlich jetzt nicht für irgendwen, sondern einfach aus meinem Körper heraus. Aus dem Körper heraus zu spüren, wenn ich die Karotte nehme, wie will ich das heute und zwar genau. Und ich setze das Messer so und so und so und ich schneide Stücke, die genau dem entsprechen, wie es heute für mich paßt. In der Größe, in der Form etc. Das ist für mich die „Disziplin der Lust“.

Dieser Begriff paßt sehr gut dazu. Im Japanischen haben sie tatsächlich verschiedene Namen für diese unterschiedlichen Arten, die Dinge zu schneiden. Die haben das schon immer so gemacht und es hat eine Rolle gespielt. Und es spielt eine Rolle. Und es macht Spaß. Unlängst habe ich Fisolen geschnitten, große, kleine, lange, breite und bei jeder einzelnen habe ich geschaut, wie stimmt das jetzt mit der Balance, zu dem wie dick die ist. Einmal mache ich die Abstände kürzer und bei einer dünneren dann länger, und das ist dann insgesamt homogen in dieser Inhomogenität. Und das macht so viel Spaß. Jedes einzelne Mal, wo ich das genauso mache, wie es für mich stimmt, befriedige ich mich selbst.

Und damit führe ich auch wahrscheinlich dem Körper das zu, was für ihn paßt. Daher zerkleinere ich praktisch nichts mit der Maschine. Ich mahle auch das Getreide mit der Hand. Und das mache ich nicht um Strom zu sparen, sondern weil es mir Vergnügen macht, weil das Mahlen an sich eine wunderschöne Bewegung ist; da stehe ich mit den Füßen am Boden, es ist eine Bewegung für den ganzen Körper, ich spüre den Brustmuskel und gleichzeitig riecht’s total gut, das geröstete Getreide, das ist toll.

Beatrix: Der Begriff „Disziplin der Lust“ paßt wirklich sehr gut dazu.

Brigitta: Ich glaube bei Al Bauman ist das ja kein Zufall. Er hat Ohsawa persönlich gekannt.

Beatrix: Mir hat das auch gut gefallen, wie du einmal gesagt hast, man fügt dem Reis so viele Tassen Wasser hinzu, wie es grad für dich stimmt an dem heutigen Tag. Einmal ist es ein wässeriger Reis ein anderes Mal ein trockener, kömiger und auch bezüglich der Salzmenge, und deshalb ist es ja auch wichtig, das Salz nicht mit einem Löffel zu nehmen, sondern mit den Fingerspitzen, weil das ja auch sehr unterschiedliche Qualitäten hat. In der Makrobiotik ist die Frage, was wann bei wem gut ist, sehr wenig aufgezeigt, zumindest schriftlich. Dies ist alles selbst zu entdecken. Nach der chinesischen Ernährungslehre ist das sehr differenziert ausgearbeitet.

Also das ist etwas, was ich vermisse in makrobiotischen Büchern, so eine differenzierte Aufstellung, was, wann, wie gut ist . Es wird ein bißchen eingegangen auf den Unterschied zwischen Frauen und Männer und auf Kinder aber nicht, ob ein Mensch mehr Feuer braucht oder abkühlende, erfrischende Qualitäten, weil er überhitzt ist, oder z. B. wenn wir das in Bezug auf die Reichsche Charakterlehre anschauen, dann kann es doch nicht gleichgültig sein, ob jemand eher schizoid ist oder hysterisch.

Brigitta: Ich glaube, Ohsawa schreibt das in einem Nebensatz, daß es wichtig ist zu erkennen, was für wen richtig ist. Daß also er als makrobiotischer Arzt, so sehe ich das, in Wirklichkeit aus seiner Wahrnehmung, seiner Fähigkeit zur „vegetativen Identifikation“ heraus das sehr wohl unterscheidet. Makrobiotik ist keine allgemeingültige Diät, sondern eine Ernährungslehre und nicht nur das, die befähigt, dem Individuum – jedem einzelnen die zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort richtige Ernährung zu geben.

Bernhard: Es ist sehr schwierig, sich zu orientieren, für jemanden, der sich nicht total damit beschäftigt, vor allem auch, was der richtige Zeitpunkt für ein bestimmtes Nahrungsmittel ist. Auch wenn ich weiß, daß ich dieses oder jenes Getreide grundsätzlich von der Yin- oder Yang-Qualität brauche, ist das ja noch keine Orientierung für den Zeitpunkt.

Brigitta: Da spielen aber andere Dinge auch eine Rolle. Beatrix: Was meinst Du?

Brigitta: Naja, psychische, in welcher Situation bin ich z.B. in meiner Arbeit.

Beatrix: Ja schon, aber darauf wird nicht eingegangen, und das ist etwas, was ich kritisiere z.B. in dem Buch von Kushi. Da stehen dann zu jeder Nahrungsmittelkategorie Listen. Und da steht: geeignet zum regelmäßigen Verzehr, zum gelegentlichen Verzehr, zu vermeiden. Und das, denke ich, fördert eine undifferenzierte und auch strenge Haltung. Ich frage mich beispielsweise, wieso etwas, was in unseren Breiten wächst, zu vermeiden ist. Das kann ich nicht verstehen. Tomaten zum Beispiel soll man nicht essen, keine Kartoffel …

Brigitta: Das ist auch nicht gut, weil sie extrem Yin sind. Und – es geht nicht darum, daß etwas verboten ist – es geht darum, daß bestimmte Nahrungsmittel eine bestimmte Wirkung auf deinen Energiekörper haben und du kannst das spüren, vor allem dann, wenn du nicht in der totalen Abwehr dagegen bist (unter dem Motto: „ich lasse mir keine Vorschriften machen“). Solche Tabellen sind für mich eine Anregung auf der Suche nach dem Fühlen und nur so verstehe und verwende ich sie.

Bernhard: Ja, wenn man jetzt davon ausgeht, daß diese einen Ausgleich brauchen …

Brigitta: Nein, weil sie extrem sind, es ist im Grund alles, was extrem ist, nicht gut.

Bernhard: Also Tomaten mit Buchweizen sollte man dann nicht essen.

Beatrix: (lacht) Dann haut‘ s Dich von Yang zu Yin.

Brigitta: Zuerst habe ich auch gedacht, es geht nur um die Balance, aber das ist gar nicht gut. Und diese extremen Dinge soll man, wenn überhaupt, nur wie Gewürze verwenden, nur in geringen Mengen.

Bernhard: Angeblich machen Tomaten lustig.

Beatrix: Von Bananen sagt man auch, daß sie lustig machen.

Brigitta: Der Herbert hat mir erzählt, er hat gelernt in seinem Europakurs, Deutschland sei der weltgrößte Bananenimporteur. Das habe ich sehr witzig gefunden. Da könnte man sich was dazu denken.

Beatrix: Bananen sind ganz kalt von der thermischen Qualität her und sie wachsen auch nicht bei uns. Das ist etwas, was ich wirklich sehr schön finde, aber das findet sich auch in der anthroposophischen Ernährungslehre, daß man nur in der Jahreszeit das essen sollte, was hier angebaut wird und gerade reif ist, wo man lebt.

Brigitta: Und Tomaten esse ich, wenn überhaupt, wenn sie bei uns reif sind, aus einem Garten, wo sie normal wachsen und bei der Witterung – ich meine im heurigen Sommer, wo es so heiß war, war es sicher o.k. Tomaten zu essen. Die Frau Aihara, die in Kalifornien lebt, verwendet Tomaten. Und Kushi schreibt wahrscheinlich aus dem japanischen Standpunkt heraus.

Bernhard: Ist das nicht auch ein Prinzip, daß man immer die Sachen essen soll, die in der Gegend wachsen?

Brigitta: Ja, ja, und auch zu dem Zeitpunkt wo sie reif sind.

Bernhard: Das ist ein Punkt, der mir nicht ganz klar ist. Da gibt es einerseits das Prinzip, man soll das nehmen, was in der unmittelbaren Umgebung wächst, auf der anderen Seite gibt es eine Menge von Basismittel …

Brigitta: Was zum Beispiel? Reis? Reis scheint eine Ausnahme zu sein, abgesehen davon, daß auch in Frankreich Reis wächst. Das weiß ich nicht, ich kann dazu nichts sagen. Wovon ich immer ausgegangen bin ist, daß Japan schon unserer Klimazone entspricht. Und zu den Meeresalgen ist zu sagen, daß das Meer etwas ist, das uns alle universal umgibt.

Beatrix: Das gefällt mir sehr gut, daß der Aufbau der Mahlzeit nicht zufällig ist. So schreibt z.B. Aveline Kushi, daß wenn man eine Algenmisosuppe ißt, und damit eintaucht in dieses kosmische Ganze und von dem weitergeht über Yang-Getreidenahrungsmittel und dann in die Gemüsefrüchte hinein, daß man eine Evolution durchmacht in jeder Mahlzeit. Und was mir auch sehr gut gefällt ist, daß es wichtig ist, daß verschiedene Farben am Tisch sind, also auch darin eine Balance vorhanden ist.

Brigitta: Von den Farben her ist Yang in Richtung rot und Yin Richtung grün. Das, was letztlich die Qualität eines Nahrungsmittels ausmacht in Bezug auf Yin bzw. Yang setzt sich aus verschiedenen Teilaspekten zusammen. Die Rübe, z.B. ist Yang, weil sie in der Erde ist.

Beatrix: Das ist auch eine Yang-Qualität, die Erde. Und je weiter es nach oben geht, in das Blättrige, Grüne, desto mehr wird es Yin. Es geht also um Ausgewogenheit und trotzdem bin ich depressiv geworden wie schon lange nicht mehr, habe eine Blasenentzündung bekommen, trotz Bancha-Tee usw., und du hast gesagt, dann war das zu ausgewogen. Wie hast du das gemeint?

Brigitta: Das klingt schon so das „Ausgewogen“, wie du das sagst. Da ist’s das primäre Prinzip, daß es in irgendeiner Form ausgewogen ist, und darum geht es nicht. Es geht darum, daß du auf deine wechselnden Bedürfnisse antwortest. Und ausgewogen klingt so gleichbleibend, das ist es aber nicht.

Beatrix: Das ist vielleicht das Wichtige, das ist die Aufgabe die sich durch die Makrobiotik für mich stellt, weil sie ja schon eine Tendenz zum Strengen hin hat und man es auch so verwenden könnte.

Brigitta: Al Bauman hat mir erzählt, daß Ohsawa absolut nicht streng und ernst war, sondern daß er Humor gehabt hat.

Beatrix: Ja, als Person kann das schon sein, aber wenn man es so
gebannt sieht auf Papier, dann wirkt das so festlegend und verallgemeinernd. Das ist eben die Crux dabei, daß all dies eigentlich den persönlichen Kontakt braucht. Und da muß ich schon sagen, daß Aveline Kushi mehr aus dem Kontakt heraus schreibt.

Brigitta: Ja, weil sie aus einem Umfeld heraus schreibt, das eben für dich stimmt. Wenn ich mich in einer gewissen Umgebung heimisch fühle, dann kann ich auch für mich sorgen. Ich habe z.B. immer ein Problem gehabt am Übergang vom Winter zum Frühling. Plötzlich habe ich nicht mehr gewußt, was ich mir jetzt kochen soll. Im Winter geht es ganz gut und dann ist da echt was, woran ich arbeiten muß, wo ich Dinge entdecken muß, die für mich neu sind. Es tut da einfach Veränderung not. Das was einem im Winter sehr gut schmeckt, das paßt dann einfach nicht mehr. Dann muß man eben etwas Neues finden. Das sind die Punkte, an die man immer wieder kommt. Du hast gesagt, daß es gut ist mit jemandem Kontakt zu haben, der einem hilft. Ich habe mich halt hingesetzt und habe gelesen und habe gesucht, gesucht, gesucht, wo finde ich das.

Bernhard: Und den Mangel, den du gespürt hast war, daß es sowenig Frisches gibt in dieser Zeit?

Brigitta: Das was es im Winter gegeben hat, das paßt dann nicht mehr, wonach ich einen Gusto habe, ja das finde ich nicht. Ich bin jetzt auch draufgekommen, auf das was es wirklich ist. Vor allem habe ich im Frühling zunehmend Gusto auf kräftige grüne Dinge, etwa auf Wildkräuter, austreibende Kräuter wie Löwenzahn, Farne, Schachtelhalm. Und da geht es auch darum, daß sie gerade in einem bestimmten Stadium sind. Inzwischen weiß ich, ich muß im nächsten Jahr Plätze finden, ich muß wissen, wo was wann wächst. Die Dinge gibt es nicht am Markt, da ist der Kontakt zur Natur schon wichtig.

Bernhard: Man kann sich in dieser Zeit mit Keimen sehr gut helfen.

Brigitta: Keime, ja, gut. Das ist zum Beispiel etwas, das ist mir einfach nicht eingefallen, das war ich nicht gewohnt zu machen. Man muß rein praktische Ideen haben, Fähigkeiten und Wissen dazugewinnen, man muß organisieren, muß lernen, wie ich etwas mache, wie lange es dauert, bis ich es bereit habe. Das braucht schon eine Art von Disziplin und Dranbleiben und nicht aufgeben an diesen Punkten, wo man gewisse äußere wie auch innere Strukturen verändern muß.

Drum glaube ich auch, daß diese Erkenntnis, was ist Struktur, was ist Panzerung, und was bringt es, sich einfach nicht damit zu identifizieren, sondern weiterzugehen und sich zu bewegen, absolut wichtig ist. Einer, der keine Ahnung davon hat, bleibt schon wieder stecken an so einem Punkt und dann haut er es hin. Das ist für mich total verständlich. Aus dem Grund verstehe ich es, warum Leute es nicht einhalten, wenn man ihnen sagt, das wäre gut für sie, abgesehen davon, daß vieles was den Leuten gesagt wird, was für sie gut ist, ohnehin nicht wirklich stimmt.

Es ist für mich ganz spannend, auch unter diesem Aspekt zusammen mit der Körperarbeit mit Leuten zu arbeiten. Da spielen diese Dinge eine Rolle: Immer wieder beim Würstelstand – dieser Geruch und ich meine – ich weiß ja wie das ist mit einer Frankfurter (ich habe nie sehr viel Frankfurter gegessen), aber das kennt doch jeder, das hat eine gewisse Qualität, ja – oder eine Leberkässemmel. Das hat eine gewisse Qualität. Und das wirkt so tief. Und ich mag kein Fleisch. Wenn ich mir vorstelle, ich stopfe mir das wirklich hinein, dann wird mir schlecht. Und trotzdem, wie ich dort vorbeigegangen bin, hat es mich wie magisch hingezogen, um diese Qualität für mich zu befriedigen.

Und gleichzeitig habe ich gemerkt, wenn es da ein anderes Standl gäbe, wo irgend etwas auch so gut herausriecht, was wirklich gut ist für mich, dann nehme ich wahrscheinlich eh das andere. Nur die Realität ist, ich gehe am Würstelstand vorbei, andere gibt es nicht, die so gut riechen. Das sind Dinge, gegen die muß man echt ankämpfen. Und zwar nicht indem du sagt, Würsteln sind pfui, sondern indem du gleichzeitig das Bedürfnis deines Körpers anerkennst, das ein reales ist in diesem Moment; du möchtest etwas für dich tun, eben da auf der Straße, wo du gerade vorbeigehst und wo du jetzt einen Gusto hast.

Bernhard: Das ist interessant, weil ich das oft sehr unterschiedlich erlebe. Beispielsweise gibt es Nahrung, die oberflächlich betrachtet, also optisch oder durch Geruch und sogar auch durch Geschmack attraktiv erscheint, und bei genauerer Aufmerksamkeit, wenn ich tiefer schaue und mich frage, ob ich das wirklich brauche, dann kommt ein klares Nein.

Beatrix: Das empfinde ich als eine Aufgabe, gegen meine Struktur sozusagen, das zu riskieren, dem die Stimme zu geben, dieser tieferen Stimme. Ich finde, es bewegt etwas in einer tiefen Schicht, weil es auch heißt, ich bin unabhängig.

Bernhard: Ich habe heute so ein Erlebnis gehabt mit dir, wie du mir erzählt hast, daß heute der Eissalon den letzten Tag geöffnet hat. Mein erster Gedanken war: ich möchte ein Eis. Und dann habe ich kurz innegehalten und gespürt, eigentlich brauche ich heute überhaupt kein Eis. Aber der erste Impuls war, ja, ein Eis.

Beatrix: Na, und mir ist es ähnlich gegangen, nur daß ich dem nicht so radikal gefolgt, bin und ich merke für mich ist das wirklich ein Risiko, dem so nachzugeben. Das heißt nicht nachgeben, nachgeben ist nicht das richtige Wort, sondern dem eine Stimme zu geben und dabei zu bleiben.

Brigitta: Ich finde, daß es schlicht und einfach blöde Gewohnheiten sind. Ich würde das gar nicht so dramatisieren.

Beatrix: Man muß nicht dramatisieren, aber ich habe ganz deutlich gespürt, es steht heute für mich kein Eis an.

Brigitta: Auf die Idee zu kommen, daß man am letzten Öffnungstag ein Eis essen muß ist einfach eine blöde Gewohnheit.

Bernhard: Das ist manchmal eine blöde Gewohnheit und manchmal ist es auch Lust.

Beatrix: Es ist eine „Mundlust“.

Bernhard: Es ist eine Mundlust und es ist halt auch so, daß ich oft Lust auf Blödheiten habe. Wo ich auch weiß, das tut mir nicht gut, aber trotzdem macht mir das dann Freude, eine alte teuflische Lust, ja, was Verbotenes zu machen, was mir nicht gut tun sollte, wie zum Beispiel Zigaretten zu rauchen oder so …

Brigitta: Das ist ja keine Blödheit. Ich habe zuerst was anderes gemeint. Für mich gibt es schon den Aspekt, daß es da eine Lust gibt und daß ich nicht nur dem Nein eine Stimme gebe, sondern auch dieser Lust, obwohl sie jetzt geknüpft ist an etwas, was mir in Wirklichkeit nicht gut tut, daß in dem Moment sehr wohl ein bestimmtes annehmbares Bedürfnis da ist, für das es nur nicht die richtige Befriedigung gibt. So wie ich gesagt habe, daß ich die Kräuter nicht neben mir habe, ja?

Bernhard: Ja.

Beatrix: Vielleicht war das einfach, daß ich eine Stunde auf dich warten habe müssen (lacht) und ich habe wirklich gedacht, was mache ich da. Zum Lesen habe ich nichts mitgehabt und allein in meinem Zimmer, in dem vier Therapiestunden stattgefunden haben zu bleiben, wär’s auch nicht gewesen.

Brigitta: Und Eis fällt einem dann halt ein, das hat man oft in solchen Situationen gemacht. Was gibt es statt dessen, was einem gut tun könnte.

Bernhard: Das ist eine total gute Schule.

Beatrix: Und das ist so wie bei dir was du sagst über das Auffinden von Kräutern und über die Sprossen. Auf dieser Ebene bedeutet es für mich gegen meine Struktur anzugehen. Ich verbinde es mit radikaler Unabhängigkeit, irgendwie Verbindung aber Unabhängigkeit. Es schaudert mich fast bei dem Gedanken, daß ich mich anders entscheiden kann und das dann auch tue, und wie lebe ich dann damit. Das ist so ungewohnt für mich. Da wird ja was frei, wenn ich mich jetzt dazu entschieden habe, gib dieser inneren Stimme einen Platz, beantworte die, dann wird was frei. Und ich spüre, ich weiß, ich bin nicht mehr gebunden, es sind nicht mehr meine Bedürfnisse, bin auch nicht mehr identifiziert mit ihnen und dennoch ist es ein großer Schritt, das in mein Leben zu integrieren, mich das zu trauen. Das ist echt ein Risiko für mich. Das ist Disziplin.

Brigitta: Und das ist nicht nur ein Schritt, wie man früher immer geglaubt hat, den macht man und dann ist man auf einem anderen Level. Man muß immer wieder diesen Schritt machen, immer wieder, jeden Tag.

Bernhard: Sehr schön darüber zu reden.

Beatrix: (feierlich) Ja, sehr schön, es ist in einer sehr guten Art aufregend.

Brigitta: Jetzt kommt der makrobiotische Zwetschkenstrudel.

Wolfram: (gerade dazugekommen) Ist dieser Aufstrich makrobiotisch?

Beatrix: (lacht) Das nimmst du aber auch ins Interview auf- Und wir haben schon einen gefunden, Wolfram Ratz ist zum Makrobioten geworden.

Beatrix: Aber was mir am besten gefallen hat an dem ganzen ist, wie du das geschildert hast mit dem Schneiden, wie diese Harmonie entsteht; von sich, dem Nahrungsmittel, von der Art der Zubereitung, wo es ist, wie du es siehst, wie du dir wirklich sehr viel geben kannst.

Bernhard: Mit anderen Worten, es ist ein wirkliches Kontaktaufnehmen mit der Welt.

Beatrix: Ja, vegetative Identifikation ist das.

Bernhard: Das ist schön herausgekommen. Es ist sehr gut da eine Unterstützung zu haben, das ist alleine oft sehr schwer.

Brigitta: Ich habe es allein gemacht, nur mit meinen Büchern.

Beatrix: Ich habe gemerkt, das ist auch ein Ergebnis dieses Gespräches, ich brauche wirklichen Kontakt, menschlichen Kontakt.

Bernhard: Brigitta, wie lange ernährst du dich schon so? Brigitta: Etwa zweieinhalb Jahre.

Bernhard: Ich merke, daß ich immer ein bißchen Scheu habe, so ein „Extra-Essen“ mitzunehmen, wenn ich auswärts bin.

Brigitta: Und da muß ich euch wieder sagen, ich nehme mir Reis mit. Reis und Gomasio, damit ist man gerettet.

Beatrix: Es macht mich auch verschämt vielleicht zur Exotin zu werden.

Brigitta: Das ist ein Aspekt, über den ich reden will. Das ist genau das, was ich im Spital mache. Ich habe gewußt, ich muß mich entscheiden dabei, daß ich mir das mitnehme jeden Tag. Ich hätte es echt nicht machen können wenn ich jetzt bleib mit dem eben. Dann komme ich in das verschrobene, schrullige Eck. Wenn ich mich jetzt nicht mit dem identifiziere, sondern einfach sage, he, ich mache was Gutes für mich und ich brauche mich auch dort nicht hineinmanövrieren lassen.

Ich merke, es passiert nicht. Ich renne herum mit meinen Gläsern, ich wärme mein Essen überall auf der Station, manche fragen „Was essen’s denn da Frau Doktor?“, aber es ist nicht so, weil ich einfach kein schrulliger verschrobener Mensch bin. Und ich komme jeden Tag mit einer riesigen Tasche und anfangs wurde ich oft gefragt „Frau Doktor haben Sie Dienst?“ und dann sage ich: „Nein, ich habe nur mein Essen mit“. Ich meine, sicher denken sich manche, die Bolen, aber im Grund wird das akzeptiert. Einmal kommt da einer herein, einer von den Oberärzten und erzählt über die Müsli-Bräute und ich sitze da und esse mein Müsli. Irgendwie habe ich auch in dem Moment gespürt, daß er mich damit gar nicht meinen kann.

Bernhard: In der Zeit, wo ich das intensiver gelebt habe, habe ich schon gespürt, daß man ein Außenseiter ist.

Beatrix: Na, aber vielleicht warst du damals noch Außenseiter, an sich Außenseiter, Bernhard.

Brigitta: In dem Moment wo du dich auch so fühlst, manövrierst du dich auch dahinein. Und ich rede mit allen ganz normal, ich meine das fällt jedem auf.

Beatrix: „Reden ganz normal“ ist eigentlich ein gutes Schlußwort.

Beatrix: Jetzt bin ich neugierig, was da draus wird.

Brigitta: Wieder so etwas Kompliziertes mit der Bolen…

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