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Bukumatula 4/1996

Vegetatives Nervensystem und Energetische Medizin, Teil 1

Bioenergetische und psychosomatische Ursachen von Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung von Bukumatula 4/96″
Heike S. Buhl:

BEISPIELE GESTÖRTER PULSATION

Im Folgenden möchte ich fünf Krankheitsbilder exemplarisch für viele weitere somatische Krankheiten vorstellen. Ich werde jeweils darauf eingehen, welche Störungen des vegetativen Nervensystems vorliegen, die zu körperlichen Symptomen führen. Dann möchte ich ausführen, welche psychischen Besonderheiten bei Patienten mit diesen Krankheiten be-obachtet werden, welche Ausdrucksbewegung sich in den Symptomen verstecken können und mit welchen Weisheiten der Volksmund uns weiterhelfen kann. Schließlich werde ich auf die Therapie eingehen.

Manifestiert sich die Biopathie in Form einer umschriebenen Organer-krankung, so stellt sich natürlich die Frage, durch welche Auswahl-kriterien gerade dieses Symptom entstehen konnte. Die Ursache hierfür ist sicher in der Kombination verschiedener auslösender Faktoren zu suchen. Es spielen genetische Elemente, intrauterine Entwicklung, der Grundlevel an energetischer Ladung und die Charakterstruktur mit hinein. Die Charakterstruktur wiederum geht einher mit einer bestimmten Anordnung muskulärer Panzerung und emotionaler Unterdrückung.

Die Zusammenhänge von Erkrankung, vegetativer Störung und psy-chischer Komponente sind auch in der Schulmedizin bekannt. Die Behandlung besteht dort aber zumeist aus der Gabe von Medikamenten, die entweder das Symptom bekämpfen oder künstlich – und leider nur vorübergehend – auf das vegetative Nervensystem einwirken, ohne die natürliche Pulsation wiederherzustellen.

Bluthochdruck

Ursachenforschung

Der Bluthochdruck ist eine der häufigsten Erkrankungen des Menschen und eine Volkskrankheit in industrialisierten Ländern. Im Alter prozentual zunehmend, wird er meist im Alter von 30-60 Jahren manifest und macht 25% aller Todesfälle der über Vierzigjährigen aus. In den USA ist der Bluthochdruck und seine Folgen Todesursache Nr. 1. Mit Anstieg des mittleren Blutdrucks sinkt die Lebenserwartung eines Menschen eindeutig.

Laut Definition liegt ein Bluthochdruck bei Blutdruckwerten von über 165 mm Hg syst. und 95 mm Hg diast. vor. (Gemessen wird die Spannung der Herzgefäße während An-/Entspannung des Herzens.) Subjektiv macht der Bluthochdruck meist keine Beschwerden und wird oft zufällig beim Arztbesuch entdeckt. Er ist jedoch der Risikofaktor für Herzkreislauf-erkrankungen – koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Schlaganfall, Hirnblutungen und Arteriosklerose – und kann zu Erblinden und Nierenversagen führen.

Die Erhöhung der Werte entsteht vor allem durch einen erhöhten Wider-stand der Blutgefäße, gegen den das Herz anpumpen muß (Verengung), oder auch durch eine erhöhte Blutmenge.

Man unterscheidet zwischen primärem oder essentiellem und sekundärem Hochdruck: dem sekundären Hochdruck liegt eine organische Grunder-krankung – z.B. der Nieren – zugrunde. Der primäre Hochdruck dagegen ist nur definiert als Ausschluß des sekundären Hochdrucks; es gibt also keine eigene, sogenannte „positive“ Krankheitsdefinition.

Über 90% der Hochdruckkranken leiden an diesem essentiellen Hoch-druck. Man unterscheidet dabei zwischen labilem Hochdruck mit schwankenden Werten und fixiertem oder Dauerhochdruck.

Da man in der Schulmedizin eben nicht weiß, wie der Bluthochdruck eigentlich entsteht, finden sich eine ganze Reihe von Untersuchungen zur Ursachenforschung. Man hat sich darauf verständigt, als Ursache des Bluthochdrucks ein multifaktorielles Geschehen anzunehmen. Im Folgenden gebe ich einen kurzen Überblick über die diesbezüglichen Ergebnisse:

  • Genetische Faktoren: Es gibt beim Hochdruck eine familiäre Häufung, genetische Faktoren sind aber nicht ausschließliche Krankheitsursache. Z.B. liegt bei eineiigen Zwillingen nur in 50% der Fälle bei beiden ein Bluthochdruck vor.
  • Umwelt: Umweltfaktoren beeinflussen die Entstehung eines Hochdrucks, z.B. gibt es eine Häufung bei Ehepartnern. Man spricht hier von „psychologischer Vererbung“.
  • Ernährung: Es findet sich eine eindeutige Beziehung zwischen Blut-hochdruck und Übergewicht. Mit dem Auftreten besserer Lebensbedin-gungen – und damit dem Ansteigen von Übergewicht – stieg die Zahl der Bluthochdruckkranken nach den Hungerjahren 1944/45 in Deutschland ständig an. Kochsalz als diätetischer Risikofaktor spielt eine unterge-ordnete Rolle.
  • Sozial: Mit steigendem Alter steigt auch der prozentuale Anteil der Hochdruckkranken in der Bevölkerung. Man sah den Blutdruckanstieg im Alter lange Zeit als „normal“ an. Untersuchungen lassen aber vermuten, daß er vor allem auf sozialen Faktoren beruht. Hochdruck ist eine Art „Adaptationskrankheit“ in dem Sinne, daß ein Blutdruckanstieg nur dann im Alter erfolgt, wenn die äußeren Lebensbedingungen sich ändern und der alternde Mensch sich diesen Veränderungen nicht gewachsen fühlt, er seine „ökologische Nische“ verliert.
  • Streß: Bei 80% der gesunden Bevölkerung führt Streß gar nicht zum Auftreten von Bluthochdruck. Bei Hypertonikern kommt es unter Streß dagegen zu stärkeren und länger andauernden Blutdrucksteigerungen als bei Gesunden. Man vermutet daher, daß die bisher genannten Ursachen – sowie emotionale Faktoren, s.u., – die Grundlage für ein Auftreten von Bluthochdruck legen, der dann bei hinzukommendem Streß zum Ausbruch kommt.

Im Tierreich kommt Bluthochdruck epidemiologisch nicht vor, außer in Experimenten wie Immobilisationsstreß, Elektroschocks; oder z.B. Katzen, die monatelang in einem Käfig Hundegebell ausgesetzt waren. Diese Tierversuche belegen die Streßhypothese.
Selten findet sich Bluthochdruck z.B. auch bei der schwarzen Bevölkerung in ihren Heimatländern (streßfreieres Leben?); extrem hohe Blutdruck-werte finden sich dagegen bei Schwarzen in den Nordstaaten der USA, nicht jedoch in den Südstaaten.

Vegetative Regulation

Es muß unterschieden werden zwischen der chronischen Sympathikotonie oder Biopathie als Grundlage für eine Erkrankung und dem Auftreten des Symptoms selber. Der Bluthochdruck ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Streß entspricht auf der Ebene des vegetativen Nervensystems einer Erregung des Sympathikus, der Körper bereitet sich auf Angriff oder Flucht vor. Bei Ausbleiben der Aktivität kommt es neben chronischer Muskelanspannung u.a. zu chronischer Erhöhung des Gefäßwiderstandes der Arteriolen. Dies entspricht im Reichschen Sinne einer Biopathie, es liegt eine „Bereitschaftshaltung“ vor, die, verbunden mit situativem Streß, zu den erwähnten stärkeren Blutdruckreaktionen als bei Gesunden führen kann. Die Biopathie als Grundlage der Erkrankung ist auch Ursache für die starke Variabilität der Blutdruckschwankungen: in Form von chro-nischem Bluthochdruck, labilem Bluthochdruck, oder Hochdruckkrisen.

Unter der Oberfläche – dem „Muskelpanzer“ nach Reich – sind die Blut-hochdruckpatienten emotional sehr lebendig. Der Kern des Organismus produziert weiter Energie, er stirbt nicht ab wie beim Krebsprozeß. Die Hochdruckkrise kann man auch wieder als einen Ausbruchsversuch des Organismus aus der Starre verstehen, eine Art Entladung nach innen anstelle ausgelebter Gefühle oder Sexualität.

Neben neuronalen Faktoren spielen auch Hormone bei der Steigerung des Blutdrucks eine Rolle, z.B. Renin/Angiotensin und Aldosteron.

In der klassischen Medizin wird der Hochdruck hauptsächlich medika-mentös behandelt. Man gibt ß-Blocker, zentral wirkende Sympatholytika (blockieren den Sympathikus), Saluretika (senken das Blutvolumen) und Vasodilatatoren (stellen die Gefäße weit). Die Mitarbeit des Patienten an der medikamentösen Therapie ist oft unbefriedigend, da er ja subjektiv keine Beschwerden spürt. Die medikamentöse Behandlung ist auch wegen der Instabilität des Druckes schwierig. Das Medikament soll bei Blut-druckanstieg wirkungsvoll greifen, aber bei normalem Druck diesen nicht weiter senken.

Neben den Medikamenten werden Streßreduktion, Sport, Diät (v.a. bei Übergewicht), Abstinenz von Zigaretten, Alkohol, Kaffee und Tee verordnet. Entspannende und psychotherapeutische Ansätze sind auf dem Vormarsch.

Psychische Komponente

Bluthochdruck findet sich bei ganz verschiedenen Persönlichkeits-strukturen. Diese haben jedoch ein gemeinsames Charakteristikum: ihre Unfähigkeit, aggressive Gefühle frei zum Ausdruck zu bringen. In der Kindheit wurde die Rebellion gegen die Eltern chronisch unterdrückt und eine starke Fügsamkeit entwickelte sich. Besondere Bedeutung haben in diesem Fall die Schuldgefühle wegen der aggressiven Gefühle und das Problem des Akzeptiertseins trotz aggressiver Wünsche. Die gehemmte Wut kann sich in explosionsartigen Durchbrüchen Luft machen. Oft aber sind die Bluthochdruckkranken nach außen eher „übernormal“, äußerlich stark angepaßt, beherrscht, aktiv, gewissenhaft, fleißig, zuverlässig, freundlich und ehrlich. Dahinter sind sie sensibel, verletzlich, abhängig und unausgeglichen. Nach außen eher „Friedensstifter“, verbirgt sich dahinter die Bereitschaft zu Streit und Krieg. Sie zeigen und spüren häufig auch keine Angst. Man spricht von einer „Fassadenstruktur“.

Bluthochdruckkranke haben ein besonderes Leistungsstreben mit un-realistisch hohem Anspruchsniveau, sie wollen „hoch hinaus“ und stehen unter „starkem Druck“. Leistung wird häufig als Pflicht oder Mittel zur Erlangung von Anerkennung gesehen. Hochdruck entwickelt sich auch oft als Folge von „Revierkonflikten“.

Der Hochdruck wird weniger durch seltene heftige Belastungen ausgelöst, als durch alltägliche, wiederkehrende Anforderungen, Sorgen, Nöte, Ängste und Konflikte.

Therapie

Bei Bluthochdruckpatienten findet sich ganz generell eine Verlagerung der Energie in die oberen Körpersegmente als Folge von Blockierungen der psychosexuellen Energie. Wir finden muskuläre Panzerungen in der Brust in Form einer fixierten Einatmungshaltung und flacher Atmung, die Brust ist wenig beweglich. Dies dient der Unterdrückung von „brüllender Wut, herzhaftem Weinen, Schluchzen, herzzerreißender Sehnsucht“.[7] An Stelle dieser Gefühle empfindet der Patient oft Härte und Unnahbarkeit. Das Brustsegement wird in der Therapie durch Vertiefung der Atmung mobilisiert, ebenso durch direkte Bearbeitung der Zwischenrippenmuskeln.

Durch Verspannungen im Halsbereich kann den Gefühlen „keine Stimme gegeben“ werden, Gefühle werden hinuntergeschluckt. Die Enge im Hals verhindert eine Überflutung des Kopfes mit Energie. Stimmübungen, Massage und vorsichtige Auslösung des Würgreflexes helfen diesen Bereich zu lockern.

Blockierungen im Bereich von Bauch, Zwerchfell, Becken stellen einen Schutz vor sexuellen Gefühlen dar, ebenso vor weichen Gefühlen der Hingabe. Diese verkehren sich im subjektiven Empfinden des Patienten in Wut.

In der Therapie arbeitet man sich von den Verspannungen in Kinn und Kehle zu der essentiellen Blockade in der Brust vor. Die blockierten Gefühle von Wut, Schmerz und Sehnsucht werden dabei wieder-empfunden. Später schließt sich die Arbeit am Becken an, wobei die Angst vor Hingabe stärker in den Vordergrund tritt.

Glaukom

Vegetative Regulation

Unter dem Begriff Glaukom, auch „grüner Star“ genannt, werden verschiedene Krankheitsbilder zusammengefaßt, deren Gemeinsamkeit darin besteht, daß der Augeninnendruck erhöht ist. Dieser ist normalerweise konstant, da die Flüssigkeit im Augeninneren, das „Kammerwasser“, kontinuierlich gebildet und abgeführt wird. Der Abflußweg wird durch die Pupillenweite beeinflußt: bei weiter Pupille ist er behindert, es kann zu einem Stau der Flüssigkeit kommen, der Augeninnendruck erhöht sich und es kann zu Sehstörungen bis zu schmerzhaften Glaukomanfällen mit Gefahr der Erblindung kommen. Bei enger Pupille hingegen weitet sich der Abflußweg für das Kammerwasser und der Augeninnendruck wird gesenkt.

In der Schulmedizin gibt man bei Vorliegen eines Glaukoms ein Mittel, das die Wirkung des Parasympathikus am Auge imitiert und die Pupillen verengt. Dies ist eine rein symptomatische Therapie. Das Medikament muß mehrmals täglich angewendet werden und kann ein Fortschreiten der Krankheit nicht immer verhindern.

Ich führe dieses Krankheitsbild hier auf – obwohl es keine allzuweite Verbreitung hat -, weil man an ihm so klar die Ursache in Form einer rein vegetativen sympathikotonen Störung darstellen kann. Die Pupillenweite wird, wie wir vorhin gesehen haben, vom vegetativen Nervensystem gesteuert: ein überwiegender Parasympathikustonus verengt, ein über-wiegender Sympathikustonus erweitert die Pupille. Wir haben hier also ein Krankheitsbild vor uns, das durch eine rein sympathikotone Überfunktion ausgelöst wird.

Psychische Komponente

Navarro, Neuropsychiater und Reichianischer Therapeut, beschreibt die Patienten mit erhöhtem Augeninnendruck als „Menschen, die eine – mit einer tiefen Depression verbundene – Aggressivität verbergen… Die Per-sonen fühlen sich gezwungen, die Augen weit offen zu halten, um der Realität gewärtig zu bleiben und blockieren ihre Emotionen auf dieser Stufe“.[11]

In verschiedenen psychosomatischen Studien wurde bei Glaukompatienten die Tendenz zu Starre in der Lebenshaltung, Unversöhnlichkeit und Verletztheit, sowie ein Hang zu Zwanghaftigkeit festgestellt. Frustrierende und belastende Lebenssituationen bringen die Krankheit zum Ausbruch. Psychische Erregung führte direkt zu einer Erhöhung des Augeninnen-drucks: ein Patient, der auf dem Weg zum Augenarzt eine Katze überfuhr, zeigte in der Aufzeichnung seines Augendruck-Tagesprofils einen sofortigen deutlichen Druckanstieg.[12]

Meine Erfahrung mit Glaukompatienten ist in meiner Praxis über-einstimmend mit dem Konzept der Biopathie: die Krankheit kommt zwar nur am Auge in Form eines klinischen Symptoms zum Ausdruck. Zugrunde liegt aber eine sympathikotone Störung des Gesamtorganismus. Daraus folgt, daß diese Patienten nicht nur einen erhöhten Augen-innendruck haben, dieser stellt sozusagen nur die Spitze des Eisbergs dar. Vielmehr stellt man bei diesen Patienten häufig fest, daß sie in ihrem gesamten Wesen „unter Druck“ stehen und ihnen die Fähigkeit zu Entspannung und Ruhe weitgehend fehlt. Sie sind stark außenorientiert und „re-agieren“ vorwiegend auf ihre Umgebung.

Therapie

Ziel der Therapie ist es, die zugrundeliegende Sympathikotonie des Auges aufzuheben. Wie wir gesehen haben, ist das Glaukom zunächst auf eine eingeschränkte Flexibilität in der Pupillenweite zurückführen. Diese kann nun ganz direkt angeregt werden, indem man einen Gegenstand, z.B. ein Licht oder einen Bleistift in wechselndem Abstand vor dem Auge auf und ab bewegt. Die Pupille muß sich bei der Nah- und Ferneinstellung des Auges etwas öffnen und schließen. Auch direkte Lichtreize auf das Auge führen zur Pupillenverengung.

Man beschränkt sich in der Körpertherapie aber nicht auf die direkte Symptombearbeitung, sondern aktiviert zunächst das ganze Augen-segment, denn „die vegetative Körperfunktion hält sich nicht an die anatomischen Abgrenzungen, die wir künstlich herbeiführen“.[13] Die Auflösung des „Augenpanzers“ kann dadurch erreicht werden, daß man die Augenbewegungen aktiviert – z.B. Augenrollen -, den Patienten beim Einatmen die Augen weit aufreißen läßt wie im Schreck oder die Stirn und die Augenbrauen bewegen läßt. Der Gesamtausdruck der Augenpartie und später des ganzen Gesichts sollte besonders beachtet und bearbeitet werden – so kann der Patient aufgefordert werden, „mißtrauisch“ nach rechts und links zu schauen. Zur Arbeit am Augensegment gehört auch die Bearbeitung von Muskelverspannungen am Übergang vom Schädel in den Nacken (Occipitalrand), die bei Augenblockierungen regelmäßig vorliegen.

Inzwischen sind gerade zum Augensegment eine Menge von Techniken entwickelt worden, die vor allem bei der Behandlung von Kurz- und Weitsichtigkeit eine Rolle spielen. Die Einzelheiten hierzu können in den entsprechenden „Augenübungsbüchern“ nachgelesen werden.

Neben der intensiven Bearbeitung des Augensegmentes wird natürlich auch die Bearbeitung der chronischen Sympathikotonie des Gesamtorga-nismus Teil der Therapie sein. Dies bedeutet, den inneren Druck abbauen zu lernen und die Tendenz, „die Augen offen zu halten“, durch ein „nach Innen schauen“ zu ergänzen. Der Patient lernt, mehr zu sich zu finden, „aus sich heraus“ zu leben und zu fühlen an Stelle von außengeleitetem Handeln.

Entsprechend der Charakterstruktur, die wir bei Glaukompatienten als Ergebnis klinischer Studien fanden, werden wir in der Therapie mit dem Wiedererleben unterdrückter Gefühle rechnen. Angst vor Reaktionen der Außenwelt, Kontrollbedürfnis, unterdrückter Ärger angesichts frust-rierender Ereignisse oder extremer Belastung, Schmerz über zugefügte Verletzungen sind dafür einige Beispiele.

Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen

Vegetative Regulation

Auf der Ebene der einzelnen Körpersegmente nach Reich kann sich ein erhöhter Sympathikustonus in Form einer chronisch erhöhten Muskel-spannung der Skelettmuskeln bemerkbar machen. Der Mensch ist prinzipiell genauso segmental gegliedert wie ein Regenwurm. Auch Reich sprach von segmentaler Gliederung des Körpers und unterteilte den Körper in sieben Segmente. Im Folgenden beziehen wir uns jedoch auf die Segmente des Nervensystems, die nicht mit den von Reich gefundenen identisch sind.

Zu jedem dieser Segmente gehören bestimmte Hautzonen, Muskeln, Organe und Knochen. Ein Segment wird jeweils von einem Rücken-marksnervenpaar versorgt; sowohl hinsichtlich der Motorik und Sensibilität, als auch hinsichtlich der vegetativen Funktion. Die Gewebe-teile sind durch ihre Innervation auf der Ebene des Rückenmarks „zusammengeschaltet“, sie können sich daher gegenseitig beeinflussen. Auf Grund dieser engen Verschaltungen wirkt die vegetative Ausgangslage reflektorisch auf die Basis-Muskelspannung ein. „Die Verkrampfung der Muskulatur ist die körperliche Seite des Verdrängungsvorganges und die Grundlage seiner dauernden Erhaltung. Es sind nie einzelne Muskeln, die in Spannung geraten, sondern Muskelkomplexe, die zu einer vegetativen Funktionseinheit gehören.“[16]

Gesunde Muskeln haben einen guten Spannungszustand, d.h., sie sind weder schlaff noch verkrampft. Die Haut über diesen Muskeln ist warm und rosig, die Gelenke sind frei beweglich, die Bewegungen weich und fließend. Bei den meisten von uns liegen nun gerade im Schulter- und Nackenbereich ständige Verspannungen vor. Die Muskeln sind hart, die Haut kalt, die Gelenke knacken bei Bewegungen und in den Muskeln sind teilweise harte Knötchen, sog. Myogelosen, eingelagert. Auch im Bereich des Rückens liegen – vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule – oft Muskelverspannungen vor. Das subjektive Empfinden kann dabei von dem Gefühl der Unbeweglichkeit in diesem Bereich über schmerzhafte Anspannung bis zum sogenannten „Hexenschuß“ gehen.

Schulmedizinisch ist die Entstehung von Muskelverspannungen nicht endgültig geklärt, sie werden mehr als „gegeben“ hingenommen. Von Orthopäden wird oft eine mechanische Schädigung der Wirbelsäule vorausgesetzt. Im Gegensatz dazu stimmt das Röntgenbild der Wirbelsäule oft nicht mit der Intensität der Schmerzen überein. Auch unterliegen die Schmerzen deutlichen Schwankungen, während die Veränderungen der Wirbelsäule konstant bleiben. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß die Intensität der Schmerzen über psycho-vegetative Prozesse zumindest mitbestimmt werden.[18]

Es ist bekannt, daß Entspannung, Wärme und Massagen die Verspannungen teilweise auflösen und Beschwerden vorübergehend lindern, aber leider nicht auf Dauer auflösen. Die Behandlung ist daher nicht kausal. Nur eine tiefere Umstimmung der vegetativen Ausgangslage kann die chronischen Muskelblockaden lösen.

Wenn wir das Konzept des chronischen Sympathikustonus zugrunde legen, können wir sehen, wie über äußeren Streß der Körper in Kampf- bzw. Fluchtbereitschaft versetzt wird. Dazu gehört auch, die Muskeln vorbereitend anzuspannen. Wenn nun die geplante Aktivität ausbleibt, der äußere Streß aber bestehen bleibt, dann bleiben die Muskeln chronisch in dieser Anspannung. Ein weiteres Beispiel hierfür sind auch Verspannungen, die in der Kindheit entstehen, wenn Wutanfälle des Kindes durch Schläge der Eltern chronisch unterbunden werden: der ursprüng-liche Impuls zu schlagen gelangt in die Schultermuskeln, diese spannen sich an, gleichzeitig stoppt ein Gegenimpuls die Bewegung (da „zu ge-fährlich“), so daß nun Impuls und Gegenimpuls sozusagen „im Muskel steckenbleiben“, manchmal ein Leben lang.

Je nach Intensität der Belastung können die Verspannungen durch Druck auf Nervenbahnen zu starken ausstrahlenden Schmerzen führen. Bei  Kopfschmerzproblematik habe ich in meiner Praxis immer starke Verspannungen im Nackenbereich vorgefunden. Es kann auch zum Auftreten eines Schulter-Arm-Syndroms, Halswirbelsäulen- oder Lendenwirbel-säulensyndroms kommen. Diese können durch mechanische Belastung der Muskeln mit ausgelöst oder verstärkt werden (Schreibmaschine schreiben, Stricken, Klavierspielen, Heben schwerer Gegenstände).

Psychische Komponente

Schauen wir uns nun die psychischen Komponenten an, die sich in den verspannten Muskeln des Nackens, der Schultern und des Rückens ausdrücken können.

Im Volksmund spricht man bei einem steifen Nacken von „Hart-näckigkeit“. Der Nacken wird hier Symbol für starken Willenseinsatz und Machtstreben. Auch Wut und Trotz werden in den Nacken- und seitlichen Halsmuskeln zurückgehalten. Ein weiterer Aspekt ist die Angst, die auch sprichwörtlich im Nacken sitzen kann. Die Blockierung des Nackens unterbricht weiterhin den Energiefluß und damit die Verbindung zwischen Kopf und Körper, zwischen Intellekt und Gefühlen. Menschen mit starken Nackenverspannungen sind daher oft sehr rational orientiert mit generellen Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu zeigen.

Verspannungen in den Schultern können verschiedene Gefühlskompo-nenten enthalten. Hochgezogene Schultern deuten eher auf ängstlichen Ausdruck, heruntergezogene auf allgemeine Gefühlsunterdrückung hin. Nach vorne gezogene Schultern verdecken die empfindliche vordere Körperhälfte und verstecken bei Frauen die Brust. Häufig werden in den Schultermuskeln Schlagebewegungen festgehalten. Spannungen im Be-reich zwischen den Schulterblättern treten häufig bei zurückgehaltenem Weinen auf, vermutlich in Verbindung mit dem Wunsch, die Arme sehnsuchtsvoll nach jemand oder etwas auszustrecken.

Der englische Ausdruck „holding back“ für einen schmerzenden Rücken beschreibt in seiner Doppelbedeutung gut den Zusammenhang zwischen dem muskulären „Halten im Rücken“ und der „Zurückhaltung“ im emotionalen Bereich. Eine starre Wirbelsäule kann ein Anzeichen für geistige Starrheit und mangelnde Flexibilität sein. Sie spiegelt eine innere Haltung wieder, in der „Rückgrat“ gezeigt werden muß. Häufig werden im unteren Rückenbereich Aggressionen unterdrückt, vor allem in Form von Treten. Der Rücken steht aber auch für Unterstützung im Leben: wenn der nötige „Rückhalt“ fehlt, kommt es zu Rückenschmerzen. Angst vor Weichheit und Hingabe führen zu Verspannungen im Lendenwirbel-bereich: das Hohlkreuz vermindert die Beweglichkeit des Beckens und damit das Empfinden von sexueller Lust.

Therapie

Die Muskeln im Nackenbereich kann man dabei durch Massage gut erreichen. Das Drücken der Muskelansatzpunkte (Points and Positions) ist problemlos möglich. Willkürliche Anspannung, Druck des Kopfes gegen die Matratze nach hinten oder Verstärken der Anspannung mit dem Ausdruck des Trotzes sind möglich. Der Ausdruck der Kopfhaltung kann übertrieben werden wie z.B. „im Nacken gegriffen werden“ (Angst im Nacken) oder die sog. „Märtyrerposition“, bei der der Kopf in den Nacken gelegt wird. Bewegung des Nackens wie beim „Nein“ oder Nackenstrecken sind weitere Mobilisationstechniken.

Auch bei dieser Arbeit sollte der Patient die angespannten Muskeln und unterdrückten Impulse bewußt spüren und den festgehaltenen Gefühls- und Bewegungsausdruck zuzulassen lernen: Angst, Trotz, Hartnäckigkeit, Wut und Weinen können auftauchen.

Ähnlich verfährt man im Schulter-Arm-Bereich. Zusätzlich zu den passiven Techniken ist die Mobilisierung der Schultergürtelmuskulatur durch Schlagen mit den Armen, Greifen der Hände, Ausgreifen mit den Armen usw. möglich. Dabei kann unwillkürlich der Gefühlsausdruck von Wut oder Sehnsucht hervorbrechen.

Im Bereich des unteren Rückens werden ebenfalls neben Massage und Druck auf Muskelansatzpunkte aktive Anspannungs- und Entspannungs-übungen durchgeführt. Außerdem kann in diesem Bereich die Muskulatur gut durch kräftiges Treten mit den Beinen auf die Matratze aktiviert werden. Gefühle von Wut, aber auch von Weichheit und Lust können dabei auftreten. Auch hier lösen sich die chronischen Verspannungen im Lauf der Arbeit auf und werden von Strömungsempfindungen in Becken und Beinen abgelöst.

Bei all den genannten Mobilisierungstechniken im Nacken-, Schulter- und Rückenbereich wird durch die Aktivierung der Muskeln die vegetative Pulsation wieder angeregt: die Muskeln entspannen sich, werden wieder schmerzfrei und warm durchblutet, Strömungsempfindungen treten auf, lustvolle Gefühle werden verstärkt erlebt. Dabei kann es auch zu einem völlig veränderten Empfinden von Armen und Beinen kommen mit der Folge, daß jahrelange Beschwerden wegen kalter Finger oder Zehen dem Gefühl von warmen Händen und Füßen weichen.

Asthma bronchiale

Vegetative Regulation

Unter Asthma versteht man eine anfallsweise auftretende Atemnot mit erschwerter Ausatmung, oft verbunden mit pfeifender Atmung, Husten und Auswurf. Dem Asthmaanfall liegt ein multifaktorielles Geschehen zugrunde. Auslöser ist oft eine überschießende Reaktion auf allergische Stoffe, aber auch ohne diese kann es zum Anfall kommen. Dieser geht oft, aber nicht immer, einher mit Veränderung und Schwellung der Lungenschleimhaut sowie vermehrter Schleimsekretion in den Atem-wegen. Entscheidend ist jedoch die chronische Verengung der kleinen Bronchien durch eine Kontraktion der glatten Muskulatur in den Lungen. Wie wir bereits gesehen haben, führt die Erregung des Sympathikus bei der Einatmung zu einer Erweiterung der Bronchien durch Erschlaffen der glatten Bronchialmuskulatur, während der Parasympathikus während der Ausatmung zur Verengung dieser Muskulatur führt. Im gesunden Zustand wird dadurch die Ausatmung unterstützt. Bei einer Fehlregulation im vegetativen Nervensystem kommt es jedoch chronisch zu einer zu starken Anspannung der Bronchialmuskulatur durch zugrundeliegenden chro-nischen Parasymapthikustonus.

Neuere klinische Untersuchungen belegen, daß eine chronische Ent-zündung der Lungenschleimhaut den Nährboden für die Entstehung des Asthmas bildet. In der Behandlung werden daher zunehmend entzün-dungshemmende Medikamente mit eingesetzt.

Robert A. Dew führt das Asthma darauf zurück, daß zunächst eine muskuläre Panzerung im Brustbereich, eine Kontraktion im Sinne eines chronischen Sympathikustonus, zugrunde liegt, die aufgrund von äußerem oder innerem Streß entstanden ist. Diese führt bei weiterer Erhöhung des Stresses zu einem Umschlag in chronischen Parasympathikustonus und damit zur Auslösung eines Asthmaanfalls. Er interpretiert diesen Umschlag als Versuch des Organismus, sich aus der chronischen Kon-traktion zu befreien. Das Zurückhalten von Affekten durch die muskuläre Panzerung im Brustbereich führt seiner Meinung nach zu diesem para-sympathischen „Ausbruch“.

Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht, daß das Asthma häufig erst in der Ruhephase (Parasympathikus) nach äußerem Streß, z.B. sportlicher Betätigung (Sympathikus), entsteht. Auch wissen Krankenschwestern zu berichten, daß der Asthmaanfall bei Beruhigung der Patienten (Parasympathikus) nachläßt. Hier bewirkt also eine Erhöhung des Sym-pathikustonus des Gesamtorganismus bis über den fiktiven „Wendepunkt“ hinaus ein Umschlagen der Funktionsweise des vegetativen Nervensystems am Organ Lunge in sein Gegenteil, den chronischen Parasympathikus-tonus.

Abb. 4: Oszillation zwischen Sympathikus und Parasympathikus

Abb. 4: Oszillation zwischen Sympathikus und Parasympathikus

Klinisch läßt sich derzeit nicht klären, ob es sich beim Asthmaanfall, wie geschildert, um ein primär sympathisches und erst sekundär parasym-pathisches Geschehen oder um einen primären chronischen para-sympathikotonen Zustand handelt. Auf jeden Fall können wir sagen, daß es sich beim Asthma um eine eingeschränkte Pulsation des Organismus handelt, die sich vor allem im Brustbereich in Form der Symptome einer chronischen Parasympathikotonie bemerkbar macht.[22]

In der schulmedizinischen Behandlung steht vor allem die Beratung des Asthmatikers bezüglich der Wahl und Anwendung der Medikamente im Vordergrund. Man empfiehlt zunehmend entzündungshemmende Medika-mente (Corticosteroide), um der Entstehung des Asthmas vorzubeugen. Im akuten Asthmaanfall wird ein Medikament gegeben, das die Wirkung des Sympathikus an der Lunge imitiert und damit die Parasympathikotonie auflöst. Auch hier geht die Behandlung nicht über eine rein symptomatische Therapie hinaus.

Psychische Komponente

Die Bedeutung der psychischen Elemente bei der Entstehung und Auslösung des Asthmas werden in der Literatur unterschiedlich eingeschätzt, sie spielen aber vermutlich eine entscheidende Rolle. Selbst berufsbedingtes Asthma manifestiert sich häufig erst bei zusätzlichem Auftreten besonderer psychisch belastender Elemente. Interessant sind in diesem Zusammenhang Untersuchungen über die experimentelle Aus-lösung von Asthmaanfällen: 16 von 18 Versuchspersonen konnten inner-halb kürzester Zeit einen Asthmaanfall erlernen.[19] Danach würde es sich beim Asthma um eine rein funktionelle Atemstörung handeln.

Die Charakterstruktur des Asthmatikers beinhaltet eine besondere Ge-ruchsempfindlichkeit, sowie eine verringerte Toleranz gegenüber Schmutz und Unsauberkeit der Außenwelt, aber auch gegenüber schmutzigem und unsauberem Verhalten von Menschen. Der Protest gegen diese unkorrekte Welt äußert sich im Asthmaanfall. Asthmatiker haben große Sehnsucht nach Liebe und Umsorgtsein, können sich aber schwer fallenlassen. Aggressionen werden intensiv erlebt, können aber nur schwer geäußert werden: sie können ihrem Ärger „keine Luft machen“. Die Ambivalenz zwischen Sehnsucht nach Nähe und Aggressivität wurde als „unterdrückter Schrei nach der Mutter“,[20] aber auch als „Schrei gegen die Mutter“[21] interpretiert. Dem Wunsch nach Verschmelzung mit dem mütterlichen Objekt steht die Angst, dadurch die eigene Individualität zu verlieren, entgegen. Dem Asthmakranken fällt es schwer, die Balance zwischen Nähe und Abstand zu wahren.

Dew und Baker beschreiben die Charakterstruktur des Asthmatikers als nach außen ruhig, oberflächlich ängstlich; dahinter findet sich Wut und darunter schließlich tiefe Angst. Nach Dews Ansicht dient der „Brustpanzer“ neben der Unterdrückung dieser Affekte auch dazu, Erregung in der oberen Körperhälfte zu halten, die ansonsten in Becken und Genitale fließen würden und dort sexuelle Gefühle auslösen könnten.[14]

Aus den Ausdrücken des Volksmundes könnte man auf einen erhöhten Dominanzanspruch des Asthmatikers schließen, der sich in „Aufge-blasenheit“ und „Sich-Brüsten“ bemerkbar macht, sowie auf unterdrückte Aggressionen – jemand „etwas husten“ oder „vor Wut nach Luft schnappen“.

Therapie

Die verstärkte Einatmungshaltung des Brustkorbes wird durch chronisch angespannte Muskeln, v.a. Zwischenrippen-, Rücken-, Delta- und Zwerch-fellmuskel, fixiert. Der energetische Fluß im Körper ist unterbrochen, die Energie wird im Brustkorb festgehalten. Dies wird unterstützt durch Muskelverspannungen in den Nachbarsegmenten: meist liegen starke Verspannungen in der Kehle, im Kinn- und Nackenbereich einerseits und im Zwerchfellbereich andererseits vor. Die Arme und Hände sind oft eher energetisch unterladen und können ihrer „natürlichen Funktionsfähigkeit in Form von Greifen, Geben und Nehmen“[15] nicht angemessen nachkommen.

Um die zugrundeliegende Atemstörung des Asthmatikers zu beheben, können wir zunächst die muskulären Blockaden im Brustsegment lösen und mittels Points and Positions-Technik, An- und Entspannungstechniken sowie Unterstützung der Ausatmung dessen Beweglichkeit wieder erhöhen. Wenn die die Brust umgebenden Verspannungen dabei nicht beachtet werden, kann dies jedoch zu einem verstärkten Angstgefühl und zur Auslösung eines Anfalls führen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, die umliegenden Verspannungen, v.a. im Hals- und Zwerchfellbereich, mit in die Arbeit einzubeziehen.

Im Folgenden gehe ich nur kurz auf ein paar mögliche Techniken ein, die dazu benutzt werden können, die dem Asthma zugrundeliegenden Muskelverspannungen weiter zu lösen. Es kann dadurch leicht der Eindruck entstehen, es handle sich um eine rein „mechanische“ Arbeit. Die strukturelle Arbeit an den einzelnen Körpersegmenten ist aber nie das Ziel an sich, sondern dient dazu, den Energiefluß, also die vegetative Pulsation des Gesamtorganismus wieder anzuregen. Dies ist oft mit dem Erleben und Ausdrücken tiefer Emotionen von Seiten des Patienten verbunden, die er zuvor durch die Muskelanspannung zurückhalten konnte. Strukturelle Arbeit an Muskelverspannungen der einzelnen Segmente und funktionelle Arbeit im Sinne der Unterstützung des Wiedererlebens zuvor unterdrückter Gefühle gehen daher Hand in Hand. Beiden liegt die Arbeit an der vegetativen Pulsation zugrunde, und sie werden nur aufgrund der besseren Übersichtlichkeit getrennt dargestellt.

Auf der emotionalen Seite stehen zu Beginn der Therapie oberflächliche Ängstlichkeit und die Angst vor der Wut, vor allem in Form von Schuld-gefühlen, im Vordergrund. Diese machen sich auch im Gesichtsausdruck bemerkbar. Sie können dadurch angesprochen werden, daß der Patient aufgefordert wird, diesen Gesichtsausdruck zu verstärken, insbesondere Augen und Mund wie im Schreck zu öffnen. Im Bereich von Kinn und Nacken unterstützen „Zähne zusammenbeißen“ und „Hartnäckigkeit“ den Patienten in seinem Bemühen, unangenehme Gefühle zu unterdrücken. Um die Kinnverspannungen rein mechanisch zu lockern, kann der Thera-peut neben direkter Bearbeitung der Kaumuskeln den Patienten zu Beißübungen auffordern (z.B. mittels Beißring oder Handtuch). Für den Nacken kommen wieder direkte Bearbeitung der Muskeln, An- und Entspannung und Kopfrollen wie beim „Neinsagen“ zur Anwendung. Die Lösung der Nacken- und Kinnverspannungen führt oft spontan zu Gefühlen von Wut und Ärger, der Patient lernt im übertragenen Sinne besser „zuzubeißen“, oder er wird eine Zeitlang „bissiger“ im Umgang mit anderen Menschen. Um die Kehle öffnen zu helfen, werden mit dem Patienten Stimmübungen gemacht. Die Verspannungen im Schulter- und Armbereich werden durch Schlage- oder Greifübungen, Massage, An- und Entspannungstechniken gelockert. Die verstärkte Pulsation im Mund- und Halsbereich macht sich dem Patienten dadurch bemerkbar, daß er seinen Gefühlen, auch seinem Ärger, mehr „Luft macht“. Nach der bereits geschilderten Arbeit im Brustsegment kann das Zwerchfell durch direkte Massage des Zwerchfellansatzes an den Rippenbögen, Auslösen des Würgreflexes und Atemtechniken gelockert werden. Dadurch kann die Energie vermehrt vom oberen Körperteil in den Beckenbereich strömen.

Wenn die vertiefte Ausatmung damit verbunden wird, den Patienten mit geöffnetem Kinn und Augen seine Stimme benutzen zu lassen, und er dabei mit den Armen schlägt oder ausgreift, wird er nach einiger Zeit spontan den bisher unterdrückten „Schrei nach der Mutter“, respektive „gegen die Mutter“ ausdrücken und dabei entweder seine Wut oder seine tiefe Sehnsucht empfinden. Wenn ihm dies nach einiger Zeit ohne Schuldgefühle gelingt, empfindet er das als große Erleichterung. Die Zahl der Asthmaanfälle hat sich zu diesem Zeitpunkt meist bereits stark vermindert, denn die vegetative Pulsation im Brustsegment ist durch die geschilderten Vorgänge wieder soweit angeregt worden, daß es nicht mehr zu einer so starken chronischen Erregung des Sympathikus mit Umschlag in den chronischen Parasympathikus kommen kann.

Durch die Arbeit am Zwerchfell und dem vermehrten Energiestrom in den Beckenbereich wird der Patient mit seinen Schwierigkeiten, Lust zu empfinden, konfrontiert. Die dabei auftauchenden Lustgefühle aktivieren tiefe Ängste des Patienten vor Hingabe und können erneut Asthmaanfälle auslösen. Hier wird auch wieder die Ambivalenz des Asthmatikers deutlich, einerseits „Verschmelzung“ zu suchen, andererseits die Angst davor, in der Verschmelzung die Individualität zu verlieren. Ziel ist es, die Balance zwischen Nähe und Distanz, Abhängigkeit und Freiheit zu finden, und die Gestaltung des Lebens selbst in die Hand zu nehmen.

Reich beschrieb diesen Mechanismus an Hand der Fallbeschreibung einer Klientin mit schwerem Asthma bronchiale. „Das Asthma verschwand mit jedem Fortschritt der Vaginalerregung und kam wieder mit jedem Rückzug der Erregung auf die Atemorgane“.[10] Mit dem Zulassen der lustvollen Erregung im Beckenbereich verlagert sich das Gefühl des „Körperschwer-punktes“ in der Therapie. Die Energie wird nicht mehr in Form einer Überladung in der oberen Körperhälfte gehalten, die dort zu einer Pulsationsstörung führt, sondern sammelt sich mehr im tatsächlichen „Zentrum“ des Körpers unterhalb des Nabels. Dies geht einher mit dem subjektiven Gefühl größerer Ruhe und Ausgeglichenheit, vermehrter Lebenslust und sexueller Empfindungsfähigkeit sowie auf der Ebene des vegetativen Nervensystems mit ungestörter Pulsation des Gesamtorga-nismus bis zum Auftreten des von Reich geschilderten Orgasmusreflexes.

Magen- und Darmulcus

Vegetative Reaktionen

Wir wenden uns nun einem anderen Komplex somatischer Störungen zu, der klinisch gut auf eine Störung der Funktionsweise des vegetativen Nervensystems zurückzuführen ist. Es handelt sich dabei um Erkran-kungen des Magens und Duodenums (Zwölffingerdarm), insbesondere dem Komplex des dort vorkommenden Ulcus oder Geschwürs. Auch beim Ulcus begegnen wir wieder, wie bei den Rückenschmerzen, dem Phänomen, daß der körperliche Befund und das subjektive Empfinden durchaus ausein-anderfallen können. Vor allem bei älteren Patienten muß das Geschwür keine Schmerzen verursachen; typische Ulcusschmerzen können aber auch bei Patienten ohne Geschwür auftreten.[8]

Beim Magen- oder Darmulcus handelt es sich um einen mit Narbenbildung einhergehenden Schleimhautdefekt, der neben Schmerzen zu Blutungen und Durchbrüchen der Magen- bzw. Darmwand führen kann. Die Ge-schwürsbildung hängt eng zusammen mit der Produktion bzw. Über-produktion von Magensäure u.a. Verdauungsenzymen, sowie Störungen in der Magen-Darm-Beweglichkeit und der Durchblutung der Schleimhäute. Die Schleimhaut schützt den Magen vor Selbstverdauung durch den Magensaft. Wenn zuviel Magensäure produziert wird oder die Magen-schleimhaut mangelhaft durchblutet wird, ist dieser Schutz nicht mehr ausreichend.

In der letzten Zeit ist vermehrt von der Verursachung von Magenge-schwüren durch ein Bakterium, dem sog. Helicobacter pylori, die Rede. Da allerdings auch weiterhin Geschwüre ohne bakterielle Besiedlung zu finden sind, andererseits z.B. in Irland 80% der Bevölkerung Träger dieses Bakteriums sind, von denen die meisten keine Geschwüre haben, deutet dies eher auf eine multifaktorielle Genese der Erkrankung hin: Bakterien können mit beteiligt sein, sind aber sicher nicht die alleinige Ursache.

Die vermehrte Produktion von Magensäure wird auf Seiten des vegetativen Nervensystems ebenso vom Parasympathikus aktiviert wie dieser auch die Beweglichkeit des Magen-Darm-Traktes insgesamt aktiviert. Die Vermin-derung der Magendurchblutung ist hingegen auf eine verstärkte Aktivität des Sympathikus zurückzuführen. Nach klinischen Untersuchungen scheint beim aktiven Streßulcus eher eine Überaktivierung des Sympa-thikus mit verminderter Durchblutung der Magenschleimhaut vorzu-liegen. Beim chronischen Magengeschwür und dem Zwölffingerdarmge-schwür steht die erhöhte Säureproduktion durch erhöhten Parasympa-thikustonus im Vordergrund.[9]

Die Geschwüre können durch Schädigung des vegetativen Nervensystems als regelrechte „Streßgeschwüre“ entstehen. In Tierversuchen an Ratten, die äußerem Streß ausgesetzt waren, ohne ihm entkommen zu können („Immobilisationsstreß“), konnten in sehr hohem Prozentsatz Magengeschwüre ausgelöst werden.[3] Bei Untersuchungen an einem Patienten mit Magenfistel führten gespannte, ambivalente Situationen bei anhaltendem Ärger zu parasympathischen Effekten an der Magenschleimhaut (Zunahme von Durchblutung, Bewegung und Sekretion). Bei Angst, Furcht und De-pressivität trat aber eine entgegengesetzte sympathikotone Reaktion auf.[4]

Klinische Neurologen vermuten, daß sich die Ausbildung der Geschwüre nicht so sehr als entweder sympathikotones oder parasympathikotones Geschehen auffassen läßt, sondern daß Störungen in der „vegetativen Wechselschaltung“ mit Vorschädigung der Magenschleimhaut durch Min-derdurchblutung einerseits und erhöhter Säureproduktion andererseits zur Ulcusbildung führen.[5]

Danach läge dem Ulcus weniger ein chronisches Verharren in einem der Extremzustände des vegetativen Nervensystems zugrunde, sondern ein Hin und Her zwischen den Extremen. Dies aber nicht im Sinne einer gesunden, aufeinander abgestimmten Pulsation und Oszillation, sondern im Sinne eines Umschlagens „von einem Extrem ins andere“, ohne daß die Aktivi-täten von Sympathikus und Parasympathikus aufeinander abgestimmt wären und mehr im Sinne davon, daß der Körper sich nicht für eine Richtung „entscheiden“ kann.

Allgemein kann man sagen, daß Störungen der „Autoregulation des Gleichgewichtes zwischen defensiven (bzw. protektiven) und aggressiven (bzw. schädigenden) Mechanismen zur Geschwürsentstehung führen können“.[6]

Die Therapie der Schulmedizin besteht im wesentlichen aus symptoma-tischen Maßnahmen wie Stoppen der Blutungen, Gabe von Säureblockern und Antibiotika sowie Diätempfehlungen. Eine ursächliche Therapie findet nicht statt.

Psychische Komponente

Die Psychosomatiker fanden heraus, daß der „typische“ Ulcuspatient sich nach der konfliktfreien Kindheit sehnt, dem mütterlichen Umsorgtsein, nach infantiler Abhängigkeit und große Sehnsucht hat, geliebt zu werden. Ursächlich für die Tendenz zur Abhängigkeit könnten Trennungser-lebnisse in der Kindheit sein, die sich biographisch auch häufig nachweisen lassen.[2]

Als Kompensation für die familiäre Geborgenheit legen Ulcus-Kranke oft großen Wert auf Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Die Sehnsucht nach Versorgung wird häufig durch starken Ehrgeiz und Erfolgsstreben kompensiert. Zwischen dem meist unbewußten Wunsch nach Abhängigkeit und Versorgtsein (parasympathikotones Geschehen) und dem Streben nach Unabhängigkeit (sympathikoton unterstützt) entsteht ein Widerspruch. Je nachdem, wieweit der Patient seinem Abhängigkeitsstreben nachgibt, erscheint er als „offen abhängig“ oder, wenn er dieses Verhalten überspielt, als „pseudounabhängig“.

Die Sehnsucht nach der konfliktfreien Kindheit steht in engem Zusammenhang mit der oft fehlenden Fähigkeit des Ulcuspatienten, mit Ärger und Aggressionen angemessen umzugehen. Aggressive Tendenzen können entweder stark gehemmt sein oder sie werden – als anderes Extrem – übertrieben ausgelebt. Die Konfliktfähigkeit und die Fähigkeit zur gesunden Auseinandersetzung mit Herausforderungen ist insgesamt herabgesetzt. Außeneindrücke können oft schlecht „verdaut“ werden, statt dessen findet die innere Verdauung in Form von „Selbstzerfleischung“ statt. Im Volksmund findet man für Magenbeschwerden auch die Ausdrücke „das schlägt mir auf den Magen“, etwas „in sich hineinfressen“ oder „ Ärger hinunterschlucken“. Die erhöhte Säureproduktion beim Ulcus hat ihr Äquivalent in dem Ausdruck „ich bin sauer“. Alle diese sprich-wörtlichen Weisheiten deuten auf das Ulcus als Ausdruck unterdrückter Gefühle, vor allem Aggressionen, hin.

Das Auftreten eines Geschwürs ist vermutlich typisch für eine Situation, in der der Mensch zwischen zwei widerstrebenden Tendenzen hin- und hergerissen wird. Wenn er nicht weiß, ob er kämpfen oder fliehen, angreifen oder sich unterwerfen soll, befindet er sich in einem ähnlichen Dilemma wie die oben erwähnte gestreßte, immobilisierte Ratte.[1] Der Patient sehnt sich nach dem konfliktfreien Dasein, möchte nicht kämpfen, sieht sich dann aber von tiefer Hilflosigkeit angesichts äußerer Angriffe bedroht. Als Kompensation möchte er sich gegen diese Angriffe wehren. Er „stürzt sich“ entweder „in den Kampf“ und verleugnet seine passive Seite (pseudounabhängiger Typ) oder er bleibt durch seine aggressive Hemmung in dem Dilemma stecken, schluckt seinen Ärger hinunter und verleugnet seine aggressive Seite (offen abhängiger Typ). In beiden Fällen ist der Konflikt zwischen Sehnsucht nach Versorgtsein und aggressivem Herangehen an die Aufgaben des Lebens nicht grundlegend gelöst. Er besteht nicht als Möglichkeit des „Sowohl-als auch“ sondern nur als „Entweder-oder“. Auf der Ebene des Vegetativums findet entsprechend ein unkoordiniertes Hin- und Herschlagen zwischen Sympathikustonus – im Sinne von Angriffshaltung – und Parasympathikustonus – im Sinne von Resignationshaltung – statt, welches die morphologische Grundlage für das Ulcusgeschehen bildet.

Therapie

Auf segmentaler Ebene geht das Magen- und Darumulcus mit einer Verhärtung der Muskeln im Zwerchfell- und Bauchbereich einher. Diese Muskelverspannungen haben einen direkten Einfluß auf die Tätigkeit des Solarplexus, des großen vegetativen Nervengeflechtes, das direkt unterhalb des Zwerchfells lokalisiert ist. Auf der muskulären Ebene stehen also Techniken im Vordergrund, die die Muskeln des Zwerchfells und des Bauches aktivieren und in einen gesunden Muskeltonus überführen.

Das Zwerchfell kann auf verschiedene Arten bearbeitet werden. Eine Möglichkeit besteht über verschiedene Atemtechniken, z.B. das Üben extremer Zwerchfellatmung. Der Zwerchfellansatz am Rippenbogen ist auch direkter Massage zugänglich. Der stärkste Einfluß auf das Zwerchfell ist das Auslösen des Würgreflexes ohne Unterbrechung der Ausatmung. Dadurch wird der Parasympathikus aktiviert und die vegetative Oszillation wieder angeregt, die Blockade im Zwerchfellmuskel löst sich und das Zwerchfell kann bei der Ein- und Ausatmung wieder frei schwingen.

Das Üben des Würgreflexes kann mit Gefühlen von Übelkeit bis zum Erbrechen verbunden sein. Es stellt einen starken Eingriff in das vegetative System des Patienten dar. Das Würgen ist an sich eine Bewegung, die dem Hinunterschlucken (sowohl von Nahrung als auch von Gefühlen!) ent-gegengerichtet ist. Bei einem ungepanzerten Organismus können Würgen und Erbrechen bei Bedarf mit äußerster Leichtigkeit vor sich gehen, was bei Kleinkindern („Bäuerchen“) und auch im Tierreich bei den Delphinen beobachtet werden kann. Das quälende Würgen des „normalen“ Er-wachsenen kommt erst durch die erworbenen Muskelverspannungen zustande. Durch Üben der Auslösung des Würgreflexes in den Therapie-stunden (wie auch durch künstlich hervorgerufenes Erbrechen) können diese mit der Zeit gelockert werden, indem gleichzeitig der in ihnen festgehaltene emotionale Ausdruck für den Patienten spürbar und ausdrückbar wird.

Die Lösung des Zwerchfellblocks als dem muskulären Block, der zwischen Ober- und Unterkörper liegt, geht mit Zuckungen und Erregungswellen sowohl Richtung Kopf als auch Richtung Genitalien einher und ist von Gefühlen des Nachgebens und der Hingabe begleitet.

Das Bauchsegment, das hauptsächlich durch Verspannungen der gerade und quer verlaufenden Bauchmuskeln, einiger Rückenmuskeln und tiefliegender Muskeln im Inneren des Bauchraumes seitlich der Wirbel-säule an der freien Beweglichkeit gehindert wird, kann ebenfalls durch Atemtechniken und manuelle Bearbeitung (Points and Positions) beeinflußt werden.

Ich möchte auch hier wieder ausdrücklich darauf hinweisen, daß die körpertherapeutische Arbeit keine mechanische Lösung einzelner mus-kulärer Verspannungen darstellt. Gerade das Auslösen des Würgreflexes darf nicht isoliert vorgenommen werden, da es sich um einen sehr starken vegetativen Eingriff handelt. Voraussetzung für ihn ist unbedingt, daß zuvor alle oberhalb des Zwerchfells liegenden Segmente „entpanzert“ wurden. Als Beispiel sei hier erwähnt, daß ja die Möglichkeit zu Würgen oder zu Erbrechen in weitem Maße die Tätigkeit der Kehle und des Brustkorbes miteinbezieht. Wenn diese nicht frei beweglich wären, würde die, bei Bearbeitung des Zwerchfellsegmentes freiwerdende Energie, die Richtung Kopf fließen will, durch weiter oben liegende Muskelblockaden behindert werden. Sie würde sich in dieser Blockade „fangen“, d.h. sie noch weiter verstärken. Dies kann zu Schmerzen und neuen somatischen Symptomen in diesen Bereichen führen.

Des weiteren führt die Bearbeitung des Zwerchfell- und Bauchbereiches zu vermehrtem Einströmen von Energie in den Beckenbereich, was starke Ängste aktivieren kann. Deshalb sollte sich eine weitere vegetothera-peutische Arbeit am Beckenbereich anschließen. Die Lösung des Zwerch-fellblocks darf nur als ein Teil der vegetotherapeutischen Arbeit gesehen werden, der aber für die Gesundung des Ulcuskranken von besonderer Bedeutung ist.

Bei der Lösung der o.g. Blockaden wird der Patient natürlich auch wieder mit den bisher unterdrückten Gefühlen konfrontiert. Seine passive Aggression und seine orale Bedürftigkeit werden zunächst bewußter. Ängste tauchen auf, bevor der Patient lernt, sich aktiv aggressiv mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Gerade im Zwerchfellsegment kann „mör-derische Wut“ festgehalten sein, die in einer geschützten therapeutischen Atmosphäre zum Ausdruck kommen darf. Die Gefühle von Nachgeben und Hingabe können wiederum erst zugelassen werden, wenn die tiefen Ängste vor lustvollem energetischen Strömen im Körper bearbeitet wurden.

Am Ende der Therapie sollte der Ulcuspatient gelernt haben, an Stelle oraler regressiver Abhängigkeit sowohl „für sich selbst sorgen“ zu können als auch Aggressionen auf angemessene Weise zum Ausdruck zu bringen.

ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSS

Die bisherige Schilderung des Aufbaus und der Funktion des vegetativen Nervensystems, des Begriffs von Krankheit und Gesundheit bei Reich und der exemplarischen Darstellung einzelner Krankheitsbilder ist ein Versuch, die „medizinische Seite“ der Körpertherapie etwas mehr in den Vordergrund zu stellen. Das vegetative Nervensystem ist kein einfaches Thema. Ich halte es aber gerade in der heutigen Zeit, in der auch sogenannte „Neo-Reichianische Therapien“ wie Pilze aus dem Boden schießen, für ausgesprochen notwendig, die Reichschen Erkenntnisse nicht im Nebel des Mystizismus verschwinden zu lassen. Reich war Arzt und Naturwissenschaftler und immer damit beschäftigt, die wissenschaftliche Basis seiner theoretischen Konzepte weiter auszuarbeiten. Auf diesem Gebiet gibt es noch viele spannende Entdeckungen zu machen, und ich hoffe, auch bei den Lesern ein wenig Neugier dafür geweckt zu haben.

__________________________________________________
[1]Schiffter S. 66
[2]Uexküll S.629
[3]Ader
[4]Wolf und Wolf
[5]Schiffter S. 65
[6]Uexküll S.63O
[7]Reich Charakteranalyse S. 378
[8]Siegenthaler S. 788
[9]Schiffter S. 65
[10]Reich Funktion des Orgasmus S. 123
[11]Navarro S.43
[12]Hollwich S. 164
[13]Reich Funktion d. Org. S. 228
[14]Dew JoOrg6, Nr. 2, S 189; Baker S. 1O3
[15]Pierrakos S.174
[16]a.a.O. S. 228
[17]Schiffter, S.21
[18]Lassek ZDN, Abs. 6.1
[19]Dekker und Groen
[20]Alexander
[21]Mitscherlich
[22]Schmidt-Thews S.115

LITERATURHINWEISE:
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Behaviour and Susceptibility to Gastric Erosions in the Rat. J. Comp.
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